Dies ist ein außerordentlich wichtiger Artikel, der in der liberalen schwedischen Tageszeitung Dagens Nyheter erschienen ist und aus dem wir enorm viel lernen können. Estens: Ist das nun eine Konspiration oder nicht? Eine Konspiration, die vor fast siebzig Jahren ausgeheckt wurde. Eine Konspiration, vor der wir - die "extreme" Linke - immer gewarnt haben. Vor der große afrikanische Gelehrte und Staatsmänner gewarnt haben, wie Cheikh Anta Diop, Kwame Nkrumah, Patrice Lumumba, Eduardo Mondlane, Amilcar Cabral, Muammar al-Gaddafi, die allesamt nicht gehört wurden, sondern lächerlich gemacht wurden, als größenwahnsinnig und/oder autoritär von den Medien hingestellt wurden, aber meistens einfach ermordet wurden. Am Ende des Artikels nennen die beiden Autoren auch einige Beispiele. Aber sie haben sich sehr zurückgehalten, weil sonst wahrscheinlich ihr Artikel nicht veröffentlicht worden wäre. Sie wagen auch nicht von dem ersten Krieg nach dem "allerletzten" Krieg (2. Weltkrieg) zu sprechen - dem gegen Jugoslawien. Sondern erwähnen nur die Gefahr eines erneuten Krieges in Europa.
Sie kommen auch nicht darauf zu sprechen, dass dieses Projekt ja im höchsten Grade virulent ist und eifrig umgesetzt wird - von Südafrika bis Somalia und zur Elfenbeinküste. Die Afrikaner sollten vor allem immer an Haiti denken. Die Weißen vergessen nicht - selbst nach Jahrhunderten haben sie sich an dem kleinen Land Haiti schändlich gerächt. Das Land, das sich unter der genialen Führung von Toussaint L'Ouverture befreit hat, der sowohl den Franzosen als auch den Engländern schmachvolle Niederlagen beibrachte und von dem "GROßEN" Napoleon unter Brechung seines "Ehrenwortes" verhaftet und in einen Kerker im Jura geworfen wurde, wo er verhungerte und erfror.
So sollte Europa die Macht über Afrika gewinnen
Stefan Jonsson und Peo Hansen
9. Dezember 2012
Aus dem Schwedischen von Einar Schlereth
Am Montag erhält die Europäische Union den Friedensnobelpreis in Oslo. Aber hinter dem modernen Mythos von einem Friedensprojekt verbirgt sich eine Geschichte kolonialer Ambitionen. Was Europa vereinen sollte, war die gemeinsame Ausbeutung Afrikas - und dies Projekt wurde seit den 60-er Jahren am Leben gehalten, schreiben Stefan Jonsson und Peo Hansen.
„Europa wird deine Revanche werden.“
Diese Worte wurden am Abend des 6. November 1956 gesprochen vom ehemaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer zu Frankreichs Premierminister Guy Mollet. An jenem Abend in Paris sehen die beiden ein, dass sich die Machtbalance in der Welt endgültig verändert hat.
Invasion Frankreichs, Englands und Israel in Ägypten 1956 |
Gamal Abdel Nasser, Ägyptens Präsident hat einige Monate zuvor den Suezkanal nationalisiert, der bis dahin von England und Frankreich kontrolliert wurde. Am 5. November antworten Frankreich, England und Israel mit einer militärischen Invasion. Die Sowjetunion droht mit Krieg, falls der Angriff nicht abgebrochen werde. Der US-Präsident Eisenhower ist rasend, weil seine Alliierten den Angriff hinter seinem Rücken geplant haben. Er fordert den Waffenstillstand mit der Drohung, die Unterstützung der USA für Europa einzustellen. Aber Frankreich und England bestehen auf ihrem Recht, dem Emporkömmling Nasser eine Lehre zu erteilen. Es droht ein neuer Weltkrieg.
In dieser kritischen Lage entscheidet sich Adenauer, der öffentlichen Meinung in der Heimat zu trotzen und einen seit langem geplanten Paris-Besuch zu unternehmen. Als der Zug im Pariser Bahnhof Gare de l'Est eintrifft, wird Adenauer mit Salutschüssen, den Nationalhymnen und Ehrengarde begrüßt. Die Botschaft an die Welt ist deutlich: um Europas Einheit und Stellung in der Welt zu stärken, stellt sich Westdeutschland hinter Frankreich im Krieg gegen Ägypten.
Aber das ist vergebens. Am selben Abend ruft Englands Premierminister Anthony Eden Mollet an, um ihm zu sagen, dass er gezwungen wurde, sich dem Ultimatum der USA zu beugen und in einen Waffenstillstand mit Ägypten einzuwilligen. Mollet ist geschlagen. In den Geschichtsbüchern wird die Suezkrise zuweilen als ein zweites Waterloo beschrieben, diesmal nicht nur für Frankreich sondern auch für England und ganz Westeuropa.
Als Mollet den Hörer auflegt, zieht Adenauer für seinen Freund den Schlusssatz: „Frankreich und England werden niemals Großmächte sein, die fähig sind, sich mit den USA und der Sowjetunion zu messen. Dasselbe gilt für Deutschland. Um eine entscheidende Rolle in der Weltpolitik zu spielen, gibt es daher nur einen Weg für diese Länder: das ist, sich zusammenzuschließen und ein vereintes Europa zu bilden … Wir haben keine Zeit zu verlieren: Europa wird deine Revanche werden.“
Europa als Revanche?
An jenem Abend wird das Einverständnis zwischen Mollet und Adenauer zementiert. Vier Monate später ist die EEC, die Europäische Ökonomische Gemeinschaft, ein Faktum, die sich sodann zur EU entwickelt, die morgen den Nobel-Friedenspreis erhält.
Es war der Pakt zwischen Adenauer und Mollet, der es schaffte, den Romvertrag und die EEC zu bilden. Aber es ist die Frage, ob die EEC ohne Nasser zustandegekommen wäre, oder in jedem Fall ohne das Zukunftsszenario, das er repäsentierte: ein Panarabismus mit Anspruch auf Unabhängikeit für die arabischen Völker, direkt gegen die Kolonialmächte gerichtet, seiner Hilfe für die algerische Befreiungsbewegung und einer führenden Rolle in der Bandung-Bewegung, wo die befreiten Staaten verlangten, selbst ihren Weg zu wählen, unabhängig von dem Diktat der USA oder der Sowjetunion.
Um diesem Szenario entgegenzuwirken, mussten Europas Länder „sich zusammenschließen und ein vereintes Europa schaffen“. In allen Dokumenten zur Bildung der EU in den 50-er Jahren klingt ein geopolitischer Grundackord mit: Europa kann seinen globalen Einfluss nur zurückgewinnen, wenn es geeint ist.
„Hätte General Nasser es gewagt, den Suezkanal zu nationalisieren oder hätten es die algerischen Rebellen gewagt, gegen Frankreich zur Waffe zu greifen, wenn Europa vereint gewesen wäre?“, fragte der Vorsitzende der Liberalen Internationale Roger Motz im Herbst 1956. „Der Versuch der arabisch-asiatischen Nationalisten, die Europäer hinauszuwerfen, wird jetzt von vielen Liberalen als der entscheidende Anlass gesehen, die westeuropäische Vereinigung zu beschleunigen“, schrieb gleichzeitig die New York Times.
Als die heutige EU oder EEC gebildet wurde, war es nicht der Friedenswille, der entscheidend war. Hätten die europäischen Führer nur den Frieden und die Sicherheit zum Ziel gehabt, hätten wir kein Europa. Da hätte sich Europa mit der NATO begnügt, die Ende der 40-er Jahre und besonders nach Westdeutschlands Eintritt in den 50-er Jahren den westeuropäischen Staaten die denkbar beste Garantie gaben gegen einen Krieg zwischen ihnen.
Die Bedrohung wurde nun auf die Sowjetunion projeziert – und in der Verlängerung auch gegen alle und jeden, die unter ihren Einfluss fallen könnte, solche wie Nasser und am Ende ganz Afrika.
Gleichwohl behaupten viele, dass die EEC als ein Friedensprojekt gegründet wurde. Die meinen, dass wir es der EU zu verdanken haben, dass der Nazismus nicht wiedergekommen ist, dass Frankreich und Deutschland Freunde geworden sind, dass sie die Umwandlung Spaniens, Portugals und Griechenlands aus Diktaturen in Demokratien erleichtert hat, um dann dieselbe Rolle in Osteuropa zu spielen und nach dem 11. September eine europäische besänftigende Rolle gespielt habe, die Härte der amerikanischen Militärs zu mildern.
In der allgemeinen Forschung über die EU wird dieser Mythos selten in Frage gestellt. Sicher beruht es darauf, dass die Forscher in der Regel die positive Grundeinstellung gegenüber den EU-Projekt teilen, aber auch darauf, dass im Mythos ein Körnchen Wahrheit steckt, wie auch ein kleines Körnchen Wahrheit im Mythos von den USA als Land der Freiheit steckt oder von Frankreich als der Heimat der Gleichheit oder von China als Imperium der Weisheit.
Aber der Friedenspreis für die EU beinhaltet ein Risiko – dass der Mythos so stark wird, dass die ganze Geschichte der EU verfälscht wird. Warum wurde die EU gebildet? Teilweise deswegen, um die Ökonomien der europäischen Staaten zu rationalisieren, indem man schrittweise alle Handelshindernisse beiseiteräumte, und um Bewegungsfreiheit für Waren, Dienstleistungen, Arbeitskraft und Kapital zu schaffen und teilweise, um in enger Zusammenarbeit mit den USA die politische Stellung der westeuropäischen Staaten gegenüber der sowjetischen Machtsphäre zu konsolidieren. Das ist allgemein bekannt.
Weniger bekannt, um nicht zu sagen unbekannt, ist, dass die Gründer die afrikanischen Kolonien Europas als notwendige Voraussetzung für die Erneuerung von Europas Ökonomie und die Sicherung seiner geopolitischen Stellung ansahen.
Die heutige EU leitet ihre Herkunft oft aus der Schuman-Erklärung vom 9. Mai 1950 in Paris ab. Im Namen des Friedens lud Frankreichs Außenminister Robert Schuman Westdeutschland und andere Länder ein, ihre Kohle- und Stahlproduktion einer übernationalen Aufsicht zu unterstellen. Damit legte er den Grund für die Europäische Kohle- und Stahlunion, Vorgängerin der EEC.
Dass Schuman verantwortlich war für den äußerst blutigen Kolonialkrieg in Indochina, während er in Europa gleichzeitig von Frieden und Versöhnung sprach, daran erinnert niemand, wenn wir jetzt den Europatag zur Erinnerung an den 9. Mai 1950 feiern. Vergessen ist auch, dass Frankreich in der Deklaration seine europäischen Partner einlud, um mit gemeinsamen Kräften „eine der grundlegenden Aufgaben zu verwirklichen, nämlich den afrikanischen Weltteil zu entwickeln“.
Frankreich fügte den Hinweis auf Afrika hinzu, weil man wusste, dass es für Deutschland, das seit 1918 keinen Zugang zu afrikanischen Rohstoffen und Märkten hatte, unwiderstehlich wäre und es obendrein Frankreich helfen würde, Investitionskapital für seine Kolonien zu erhalten. Wie Jean Monnet (das Gehirn hinter der Kohle- und Stahlunion) Schuman vorgeschlagen hatte, sollte Afrika Frankreichs Brautpreis für das europäische Gemeinschaftsprojekt sein.
Der Gedanke, dass Europas Einigung eine gemeinsame Kolonisierung Afrikas voraussetzte, wurde in der Zwischenkriegszeit von einem anderen Ahnvater der EU geboren, von Richard Coudenhove-Kalergi. Um eine Wiederholung des Blutbades des Ersten Weltkrieges zu vermeiden, gründete er mit Unterstützung der damaligen politischen und ökonomischen Elite die Paneuropäische Union. In deren ökonomischem Programm war Afrika „ein unumgänglicher Teil“ von Paneuropa. „Afrika sollte Europa versorgen können mit Rohstoffen für seine Industrie, Lebensmitteln für seine Bevölkerung, Boden für seinen Bevölkerungsüberschuss, Arbeit für seine Arbeitslosen und Märkten für seine Produkte“, schrieb Koudenhove-Kalergi 1929.
Im krisengeschüttelten Europa der Zwischenkriegszeit stellte „Eurafrika“, wie die neue Einheit genannt wurde, sich als Lösung für alle Probleme dar. Frankreichs Regierung lud mehrmals die übrigen europäischen Länder ein, an der „Entwicklung“ der afrikanischen Kolonien teilzunehmen. Der Gedanke war, dass Europas Einigung in Afrika beginnen sollte. Laut den französischen Regierungschefs Albert Sarraut und Joseph Caillaux ging es um „ein Europa, das von Afrika gestützt wird und ein Europa, das durch Afrika geeint wird“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg knüpfte man an diese Gedanken an. Um sich zu vereinigen, brauchte Europa eine gemeinsam Sache und diese Sache war eben Afrika, das als Kontinent der Möglichkeiten dargestellt wurde mit Platz für alle. Als die Europabewegung sich 1948 zu der großen Haag-Konferenz versammelte, um Europas Zukunft zu diskutiere, standen die Kolonielen ganz oben auf der Tagesordnung, und man war sich einig, dass das Kolonialsystem internationalisiert werden müsste. Jetzt, wo wir Europa aufbauen, haben wir einen dringenden Bedarf an „Lebensraum“, in einem viel größeren Maße als die alten Nationen bieten können, erklärte Hendrik Brugmans, Vorsitzender der Europäischen Föderalistischen Union. Er bat seine Zuhlörer um Verständnis, dass er den Nazi-Begriff „Lebensraum“ verwendete. Sie entschuldigten ihn gerne; die Einigkeit darüber, dass Europas Wiederaufbau enormer Ressourcen bedurfte und daher einen gemeinsamen Griff um die Kolonien war stark und weit verbreitet.
Aus dem Haag-Kongress wurde der Europarat geboren, der Pläne für Europas Zukunft entwickelte, wobei Afrika für Rohstoffe und Expansionsmöglichkeiten stand. Der ehemalige französische Premier und damalige Vorsitzende im ökonomischen Komitee des Europarates Paul Reynaud fasste 1952 die Sache folgendermaßen zusammen: „Damit Europa lebenskräftig sein kann, müssen wir auch gemeinsam die Reichtümer des afrikanischen Weltteils ausbeuten und dort versuchen, die Rohstoffe zu finden, die wir jetzt aus dem Dollargebiet kaufen, ohne bezahlen zu können.“ Dänemarks Vertreter Hermond Lannung pflichtete bei und stellte fest, dass Europa bereits „die Schlacht um Asien“ verloren hatte. Jetzt müssten die Europäer zusammen gehen, um nicht auch noch „die Schlacht um Afrika“ zu verlieren.
Im gesamten 50-er Jahrzehnt bleibt das Bild unverändert. Und als die Verhandlungen um die Bildung der EEC im Ernst 1956 einsetzen, ist der Konsens groß, dass die Kolonien der Mitgliedsländer auch Teil der Gemeinschaft werden müssen. Für Frankreichs Teil ist das eine absolute Bedingung: entweder geht das Land mit seinem gesamten Imperium rein oder überhaupt nicht. Mit Ausnahme von Holland, das sich lange quer stellt, heißen die anderen Staaten Frankreichs Angebot willkommen. Jetzt wie damals sind die Gründe ökonomischer und geopolitischer Art. „Indem wir Afrika helfen und uns gleichzeitig auf es stützen, wird die Gemeinschaft Europa mit einem Gleichgewicht versehen und neuer Jugend“, heißt es in einem der Verhandlungspapiere. Kurz nach der Suez-Krise verdeutlicht Deutschlands Außenminister Heinrich von Brentano seine Unterstützung für Frankreichs Forderung:
„In einer langen Reihe von Jahren und in einer Anzahl verschiedener Organisationen, wie dem Europarat und der OEEC [die gegenwärtige OECD, ursprünglich 1947 gebildet mit der Aufgabe, die Marshallhilfe zu verwalten] sind Pläne ausgearbeitet worden für die gemeinsame Ausbeutung der Kolonien durch die europäischen Staaten. Bisher konnten diese Pläne nicht verwirklicht werden. Die Ausübung von Druck im Rahmen des Schuman-Planes hatte auch keinen Erfolg, die Kolonien in die Europäische Kohle – und Stahl-Union einzubeziehren. Dies obwohl die Majorität der Länder in diesen Verhandlungen, insbesonderem was den deutschen Standpunkt angeht, niemals einen Zweifel daran ließ, wie angelegen es ist, die Kolonien einzuverleiben.Im Februar 1957 ist das Abkommen fertig, das mit besonderen Handelsregeln das halbe Afrika, aber auch Teile Westindiens und Ozeaniens an den gemeinsamen Markt zwangsanschließt. Die europäische Gemeinschaft, die 1957 gebildet wird, hat drei Viertel seiner Ausdehnung außerhalb Europas und erstreckt sich von der Mündung des Rheins in den Atlantik bis zum Kongobecken in Afrika.
Von deutscher Seite ist mehrmals Kritik geäußert worden am Schuman-Plan, weil er nicht die Kolonien einbeziehen wollte. Die Bedeutung dieses unbeirrten Willens der europäischen Staaten und besonders Deutschlands hat keinen Abbruch erlitten durch die neueste Entwicklung in der Weltpolitik. Ein Konflikt um die Kolonien, vor allem die afrikanischen, zwischen den kommunistischen Staaten und der westlichen Staatengemeinschaft ist zweifellos im Entstehen. Der Ausgang dieses Konfliktes wird eine große, vielleicht entscheidende Bedeutung für die künftige Machtverteilung in der Welt haben.
Folglich mus die Forderung, die Kolonien in die EEC einzubeziehen, nicht nur akzeptiert werden, sondern willkommen geheißen werden.“
„Auf nach Euroafrika!“ lautet die Rubrik auf der ersten Seite der Le Monde am Tag, nach dem sich die Regierungschefs geeinigt hatten. Wenige Tage später macht Guy Mollet einen offiziellen Besuch in den USA und erklärt den Amerikanern, was der bevorstehende Rom-Vertrag beinhaltet: „Ich möchte die Wichtigkeit von Europas Einheit hervorheben: sie ist jetzt ein Faktum. Vor einigen Tagen haben wir die letzten Hindernisse ausgeräumt und jetzt wird eine größere Einheit geboren: Eurafrika, eine weitreichende Vereinigung, wo wir zusammenarbeiten werden, um Fortschritt, Glück und Demokratie in Afrika zu befördern.“
Eurafrika ist heute ein vergessener Teil von EUs Geschichte. Es ist nicht schwer zu verstehen, warum. Das entspricht nicht dem Bild vom Friedensprojekt. Die Einverleibung von Afrika sollte Frankreich helfen, neues Leben in sein Imperium zu blasen und seine militärische Repression in Algerien zu rechtfertigen. Das sollte deutsches Kapital bringen für die Ausbeutung der Sahara und dem deutschen Kapital Absatzmöglichkeiten und Märkte bieten durch große Infrastrukturprojeke – Ölgewinnung, Gruben, Wasserkraftwerke, Aluminiumfabriken usw. Außerdem sollte es den Grund für das gemeinsame deutsch-französische Atomwaffenprogramm in Algerien legen.
Gleichzeitig sollte Eurafrika den Kolonialmächten Argumente gegen die wachsende antikoloniale Meinung liefern. In der eurafrikanischen Rethorik war der Kolonialismus nicht mehr Kolonialismus sondern verbarg sich hinter den Bezeichnungen wie „Entwicklung“ und „Gegenseitigkeit“.
Und alles zielte darauf ab, den europäischen Staaten eine erweiterte ökonomische Basis zu verschaffen und einen geopolitischen Einfluss gegenüber sowohl den USA als auch der Sowjetunion und nicht zuletzt gegenüber den Befreiungsbewegungen in der dritten Welt.
Dies ist keine Nebenspur in der Geschichte der EU, sondern Teil ihres Fundaments. Die heutige EU hätte kaum existiert, wenn sie nicht von Anfang an als eine eurafrikanische Gemeinschaft konzipiert worden wäre. Man kann diese Gemeinschaft als eine Übergangsformation ansehen, die schnell ihren Kurs verlor, als die Kolonien sich in den 60-er Jahren unabhängig machten, aber gleichzeitig schuf sie Rahmen und Bedingungen, die ihre Entwicklung über lange Zeit hinweg bestimmten, ja eigentlich bis heute. Diejenigen jedoch, die versuchten auszubrechen und ihren eigenen Weg zu gehen – das freie Algerien, Guinea, der frühe Kongo und Ghana – wurden handfest bestraft oder in die Arme der Sowjetunion getrieben.
Vielleicht kann die EU eines Tages zu einem Friedensprojekt werden; das wäre natürlich eine gute Idee. Vielleicht kann der Friedenspreis sogar zu so einer Veränderung beitragen. Auf jeden Fall muss die Organisation mit dem historischen Mythos um sich selbst als Friedensunion ins Reine kommen. Es ist schwer, sich eine größere Bedrohung für den Weltfrieden vorzustellenn als ein Europa, das in der blinden Überzeugung handelt, als sei es der Wächter des Weltfriedens. Wie die heutige Krise zeigt, stellt der Friedensmythos sogar eine Bedrohung für den Frieden in der EU selbst dar. Die ständig unheildrohenderen Konflikte innerhalb und zwischen den EU-Ländern sollten ein Signal sein, dass die Vorstellung von einem Krieg in der Union, dank der EU, ein abgeschlossenes Kapitel sei, ein gefährlicher Wahn ist.
Und vielleicht sollte der morgige Preis dem alten Herrscher Nasser gewidmet werden, dessen verhasste Anwesenheit die Integration vorantrieb. Das wäre jedenfalls im Geist der Ahnväter der EU. Bei den Festlichkeiten nach der Unterzeichnung des Rom-Vertrages erlaubte sich Louis Armand, ein hoher EU-Beamter und Franzose, verantwortlich für die Sahara-Region, den Scherz: „Lasst uns eine Statue für Gemeral Nasser errichten, den Mann, der Europa vereinte.“
Lest auch den Schriftsteller Colm Tóibin: 'Der EU-Held, der verrückt wurde'.
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dumm
AntwortenLöschenich lache sie höflich aus
AntwortenLöschenEin wirklich umfassender Kommentar. Vor allem so tiefschürfend.
AntwortenLöschenIch finde das nützlich. Die Projekte von solcher Wichtigkeit muss man irgendwo sicher speichern. Für die Lagerung der Dokumenten benutze ich iDeals
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