Sonntag, 16. Dezember 2012
ECUADOR: Die politischen Gefangenen des Rafael Correa
Einar Schlereth
16. Dezember 2012
Schon mehrmals habe ich hier sowohl positive als auch kritische Stimmen zu Correa zu Wort kommen lassen. Dass er Assange politisches Asyl angeboten hat, hat ihm viele Pluspunkte eingebracht. Weniger gut wurde bewertet, dass Correa Indio-Mitarbeiter ausmanövrierte, als er plötzlich internationale Mammut-Gesellschaften in das Land holt und sie in ökologisch wichtigen und fragilen Gebieten sogar Tageabbau betreiben lässt, wogegen die indigene Organisationen friedlich protestierten und dennoch von der Polizei zusammengeschlagen wurden (siehe hier und hier, es lohnt wirklich, beide Artikel nochmals zu lesen).
Hier habe ich nun einen Bericht hereinbekommen, der die Zustände im größten Gefängnis von Quito beschreibt, das für 300 Insassen gedacht war, aber jetzt 1200 Gefangene beherbergt.
Der Artikel ist von Satya Sagar und heißt ”Die politischen Gefangenen des Rafael Correa”. Er traf im Gefängnis einen Professor der Soziologie an der Uni Quito, der an einer Diskussion über den ”Marsch des Volkes für Wasser, Leben und Würde” im März d. J. teilgenommen hatte und nun zusammen mit neun anderen Aktivisten unter der Anklage, Anführer einer Terroristen-Gang zu sein, im Gefängnis sitzt, das übervoll ist, laut, verdreckt und bedrohlich.
Auf dem Marsch wurde Correa vorgeworfen, dass er Multis erlaube, in ökologisch empfindlichen Gebieten in großem Umfang nach Gold zu suchen und dass er die Tätigkeit in Gewerkschaften kriminalisiere.
Diese Gefangenen sind grausamer und erniedrigender Behandlung unterzogen worden. Sie mussten stundenlang auf den Knien ausharren und eine 18-jährige Studenten-Aktivistin wurde mit Gewalt zu Boden geworfen, gefesselt, obwohl sie schwanger ist.
Die ”verdächtigen” Beweise waren die 'Verfassung der Republik von Ecuador', The Citizen, eine offizielle Regierungszeitung, Broschüren über die Philosophie des Rechts, ”Verteidigung der Demokratie” u. dgl. Vor Gericht wurden mangels echter Beweise vage Beschuldigungen laut neuer ”anti-Terrorismus-Gesetze” vorgebracht, wie sie in den USA üblich sind. Und dies von einer Regierung, die sich anti-imperialistisch nennt.
Der wahre Grund der Verhaftung war die Entscheidung der Regierung, Bergbau und Erdölbohrung im Amazonas-Becken Ecuadors zu erlauben sowie die Unterzeichnung eines Vertrags mit Ecuacorriente (ECSA), einem Multi in chinesischem Besitz, für den Abbau von Kupfer und Gold im Tagebau vermittels eines Verfahrens, das extrem umweltgefährlich und verschmutzend ist.
Genau solche Probleme hatte Correa bei seinem Machtantritt 2006 versprochen zu bekämpfen. Und das hat ihm die breite Unterstützung der indigenen Bevölkerung und auch des Professors und der anderen neun Angeklagten eingebracht. Zum Teil hat Correa seine Versprechen eingelöst. So wurde Chevron in einem lang andauernden Prozess für schuldig befunden, im Amazonasbecken schwerste Umwelt- und Gesundheitsschäden für die Bevölkerung angerichtet zu haben und zu einer Strafe in Milliardenhöhe verurteilt.
Correa hat auch Programme für Gesundheit und Erziehung und die Reduzierung der Armut umgesetzt. Wie in Bolivien sind in einer neuen Verfassung, die in einem Referendum angenommen wurde, die Rechte der Mutter Erde anerkannt worden.
Doch wie ich in dem oben verlinkten Artikel geschrieben habe, ist Correa zunehmend autoritärer geworden. Und die eingekerkerten Aktivisten sowie die vielen Tausende Demonstranten haben lediglich ihrer Pflicht gehorcht, als sie das Abweichen Correas von dem versprochenen Kurs verurteilten.
Die Familien der Angeklagten haben sich jetzt an Menschenrechtsorganisationen in Lateinamerika gewandt und um internationale Hilfe gebeten, um Druck auf die Regierung von Correa auszuüben, dass die Gefangenen frei gelassen werden. Am Ende seines Artikels schreibt Sagar:
”Ironischerweise hat Ecuador von Liberalen in der Welt Lob erhalten, weil es dem Wikilieaks-Gründer Assange Asyl gewährte … Es ist an der Zeit für die internationalen Unterstützer von Rafael Correa zu fordern, dass seine Regierung aufhört, die US-Regierung nachzuahmen und beginnt, Rede- und Pressefreiheit in Ecuadors eigenen Grenzen zu erlauben.”
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