Donnerstag, 12. Juni 2014

Der US-Griff um Westeuropa wird fester - Washingtons Eiserne Vorhang in der Ukraine


Hier kommt wieder ein sehr langer - ein 12-Seiten-Artikel - von Diana Johnstone - wohl die klügste und glänzendste Historikerin und Analytikerin, die ich kenne. Ihre ganz hervorragende Analyse des Jugoslawien-Krieges "Fools' Crusade" (Kreuzug der Idioten) ist natürlich in Deutschland nicht erschienen. Es gibt nicht einmal einen Eintrag über sie auf deutsch in Wikipedia. Dafür erzählt Wikipedia z. B. immer noch das alte Lügenmärchen über das "Tiananmen-Massaker". Also Vorsicht bei Wikipedia.
Diana Johnstone schreibt auch sehr gut und präzise. Bei ihr findet man nicht die lästige Redundanz, die heute so viele Journalisten und Analytiker auszeichnet. Sie ähnelt in gewisser Weise the Saker, sowohl in ihrem Stil als auch in ihrer Analyse.
Diana Johnstone
9. Juni 2014

Die NATO-Führer veranstalten gegenwärtig eine bewusste Charade in Europa, um wieder einen Eisernen Vorhang zwischen Russland und dem Westen aufzuziehen.

Mit erstaunlicher Einstimmigkeit heucheln die NATO-Führer Erstaunen über die Ereignisse, die sie Monate im voraus geplant haben. Ereignisse, die sie bewusst in Gang gesetzt haben, werden als plötzliche, erstaunliche, ungerechtfertigte "russische Aggression" dargestellt. Die USA und die EU unternahmen eine aggressive Provokation in der Ukraine, von der sie wussten, dass Russland zu einer defensiven Reaktion in einer oder anderer Weise gezwungen würde.

Sie konnten nicht ganz sicher sein, wie der russische Präsident Wladimir Putin reagieren würde, als er sah, dass die USA den politischen Konflikt in der Ukraine manipulierte, um eine pro-westliche Regierung zu installieren, die der NATO beitreten wollte. Dies war nicht eine bloße Angelegenheit von einer "Einflusssphäre" in Russlands "unmittelbarer Nachbarschaft", sondern eine Sache von Leben und Tod für die russische Marine, und auch eine grobe nationale Sicherheitsbedrohung an Russlands Grenzen.
Damit wurde Putin auch eine Falle gestellt. Er würde verurteilt, wenn er es tat, und er würde verurteilt, wenn er es nicht tat. Er könnte zu wenig reagieren und würde die grundlegenden nationalen Interessen Russlands verraten, wenn er der NATO erlaubt, ihre feindlichen Kräfte in eine ideale Angriffs-Position zu bringen.

Oder er könnte überreagieren, indem er russische Einheiten die Ukraine invadieren ließe. Der Westen war darauf eingestellt, bereitete das Geschrei vor, dass Putin "der neue Hitler" wäre, mit der Absicht, das arme, hilflose Europa zu überrennen, dass (wieder) nur von den generösen Amerikanern gerettet werden konnte.

In Wirklichkeit war der russische Verteidigungszug ein sehr vernünftiger Mittelweg. Dank der Tatsache, dass die überwältigende Mehrheit der Krimbewohner sich russisch fühlte und russische Bürger gewesen sind, bis 1954 Kruschtschow frivolerweise das Territorium der Ukraine zuschob, wurde eine friedliche Lösung gefunden. Die Krimbewohner stimmten für die Rückkehr zu Russland in einem Referendum, dass vollkommen legal war nach internationalem Recht, auch wenn es die ukrainische Verfassung verletzte, die aber da schon zerstört war durch den gewaltsamen Sturz  des gewählten Präsidenten Viktor Janukowitsch vermittels einer gewalttätigen Miliz. Der Status-Wechsel der Krim wurde ohne Blutvergießen erlangt, vermittels der Wahlurne.

Nichtsdestotrotz waren die Empörungsschreie des Westens ebenso hysterisch feindselig, als hätte Putin übereagiert und die Ukraine einer Bombenkampagne nach US-Art unterworfen oder das Land direkt invadiert - was sie wohl von ihm erwartet hatten.

US-Außenminister John Kerry dirigierte den Chor der selbstgerechten Empörung und klagte Russland genau der Dinge an, die seine Regierung gewöhnlich tut. "Man invadiert nicht einfach ein anderes Land unter einem Scheinvorwand, um seinen Interessen zu dienen. Dies ist ein Akt der Aggression, dessen Gründe erfunden sind," dozierte Kerry. "Es ist ein Betragen des 19. Jds im 21. Jhd." Statt über diese Heuchelei zu lachen haben die US-Medien, die Politiker und die Gelehrtengemeinde das Thema von der unakzeptablen expansionistischen Aggression aufgegriffen. Die Europäer folgten mit schwachem, gehorsamen Echo.

Alles wurde in Yalta geplant

Im September 2013 bezahlte Ukraines reichster Oligarch, Viktor Pinchuk eine Strategie-Konferenz der Elite über Ukraines Zukunft, die in demselben Palast in Yalta auf der Krim gehalten wurde, wo Roosevelt, Stalin und Churchill sich trafen, um 1945 über Europas Schicksal zu bestimmen.

The Economist, ein Elite-Medium berichtete über eine "harte Vorführung von Diplomatie", wie sie es nannte, und erklärte, dass: "Die Zukunft der Ukraine, ein Land von 48 Millionen Leuten, und Europas wurde in Echtzeit entschieden." Zu den Teilnehmern gehörten Bill und Hillary Clinton, ehemaliger CIA-Boss General David Petraeus, ehemaliger US-Finanzminister Lawrence Summers, ehem. Weltbankchef Robert Zoelick, der schwedische Außenminister Carl Bildt, Shimon Peres, Tony Blair, Gehard Schröder, Dominique Strauss-Kahn, Mario Monti, die litauische Präsidenten Dalia Grybauskaite und Polens einflussreicher Außenminister Radek Sikorski. Sowohl der 5 Monate später abgesetzte Viktor Janukowitsch und sein jüngst gewählter Nachfolger Petro Poroschenko waren anwesend.

Der ehem. US-Energieminister Bill Richardson war dort und sprach über die Schiefergas-Revolution, von der die USA erwartet, Russland zu schwächen, indem das Fracking Russlands Naturgas ersetzen soll. Das Zentrum der Diskussionen war das "Assoziierungsabkommen" (DCFTA) zwischen der Ukraine und der EU, und die Aussicht auf Ukraines Integration mit dem Westen. Der allgemeine Ton war Euphorie über die Aussicht, dass Ukraines Verbindungen mit Russland zerschlagen würden zu Gunsten von Verbindungen mit dem Westen.

Eine Verschwörung gegen Russland? Keineswegs. Im Gegensatz zu Bilderberg waren die Verhandlungen nicht geheim. Gegenüber einem Dutzend amerikanischer VIPs und einer großen Sammlung von Europas politischer Elite stand der Putin-Berater Sergei Glasjew, der Russlands Position glasklar darstellte.

Glasjew gab der Konferenz eine Note politischen und ökonomischen Realismus. Forbes berichtete damals über  die "starke Differenz" zwischen Russlands und des Westens Ansichten "nicht über die Zweckmäßigkeit von Ukraines Integration mit der EU, sondern über die wahrscheinlichen Auswirkungen". Im Gegensatz zur westlichen Euphorie basierte Russlands Ansicht auf einer "sehr spezifischen und scharfsinnigen ökonomischen Kritik" über die Auswirkung des Handelsabkommens auf Ukraines Ökonomie, und merkte an, dass Ukraines Ökonomie ein großes Handelsdefizit habe, das mit ausländischen Darlehen finanziert werde, und dass eine zu erwartende erhebliche Zunahme westlicher Importe das Defizit noch vergrößern würde. Ukraine "wird entweder Bankrott anmelden oder eine erhebliche Rettungsaktion benötigen".
Der Forbes-Reporter schloss, dass "die russische Haltung der Wahrheit viel näher kommt als das fröhliche Geschwätz aus Brüssel und Kiew".

Was die politische Auswirkung betrifft, hob Glasjew hervor, dass die russisch-sprechende Minorität in der Ostukraine daran gehen könnte, das Land zu spalten aus Protest gegen das Abschneiden der Verbindungen mit Russland, und dass Russland legal berechtigt ist, sie zu unterstützen, wie die Times aus London berichtete.

Kurz gesagt, während die westlichen Führer planten, Ukraine in die West-Sphäre einzugliedern, wussten sie ganz genau, dass dieser Zug ernste Probleme mit den russisch-sprechenden Ukrainern und mit Russland mit sich bringen würde.

Statt zu versuchen, einen Kompromiss auszuarbeiten, entschieden die westlichen Führer, weiterzumachen wie bislang und für alles, was schief ginge, Russland verantwortlich zu machen. Was zuerst schief ging, war, dass Janukowitsch kalte Füße bekam angesichts des ökonomischen Kollapses bei einem Handelsabkommen mit der EU. Er verschob die Unterschrift und hoffte auf einen besseren Deal. Da all dies nicht der ukrainischen Öffentlichkkeit erklärt wurde, folgten wütende Proteste, die schnell von den USA ausgenutzt wurden ... gegen Russland.

Ukraine als Brücke ... oder Achillesferse


Ukraine, was Grenzland bedeutet, ist ein Land ohne klar festgelegte historische Grenzen, und das zu weit nach Osten und zu weit nach Westen ausgedehnt wurde. Die Sowjet Union war dafür verantwortlich, aber die SU gibt es nicht mehr und das Ergebnis ist ein Land ohne einheitliche Identität und das mit einem Problem für sich selbst dasteht und einem für seine Nachbarn.

Es wurde zu weit nach Osten ausgedehnt mit Land, das genauso gut russisch sein könnte, im Zusammenhang mit der Politik, dass man die UdSSR vom zaristischen Imperium unterscheiden wollte. Die Ukraine wurde vergrößert auf Kosten Russlands, womit man zeigte, dass die SU wirklich eine Union von gleichen sozialistischen Republiken sei. So lange, wie die gesamte SU von der KP geführt wurde, spielten diese Grenzen keine so große Rolle.

Und sie wurde zu weit nach Westen ausgedehnt am Ende des 2. Weltkrieges. Die siegreiche SU dehnte Ukraines Grenzen durch westliche Regionen aus, die von der Stadt beherrscht wurde, die Lviv, Lwow, Lemberg oder Lvov genannt wurde, je nachdem, zu wem sie gehörte, zu Litauen,  Polen, zu Habsburg oder der UdSSR, eine Region, die eine Brutstätte anti-russischer Gefühle war. Dies wurde zweifellos als ein defensiver Schachzug angesehen, um feindliche Elemente zu neutralisieren, aber es schuf eine im Grunde geteilte Nation, die heute das aufgewühlte Wasser darstellt, in dem im Trüben gefischt werden kann.

Der oben zitierte Forbes-Report betonte: "In den vergangenen 5 Jahren hat die Ukraine meistens ein doppeltes Spiel gespielt. Sie sagte der EU, man sei interessiert, die DCFTA zu unterschreiben und zu den Russen, dass man am Anschluss an die Zollunion interessiert wäre."Entweder konnte Janukowitsch sich nicht entscheiden oder versuchte, aus beiden Seiten den besten Deal herauszupressen oder das höchste Angebot zu finden. Auf jeden Fall war er niemals "Moskaus Mann" und sein Sturz ist zum großen Teil seiner Rolle geschuldet, beide Seiten gegeneinander auszuspielen.

Man kann durchaus sagen, dass was eigentlich dringend fehlte, etwas war, was in der Ukraine völlig abwesend ist: eine Führung, die die geteilte Natur des Landes anerkennt und diplomatisch versucht, eine Lösung zu finden, die sowohl die heimische Bevölkerung zufriedenstellt und seine historischen Bande mit dem katholischen Westen und mit Russland. Kurz, die Ukraine könnte eine Brücke zwischen West und Ost sein - und dies ist zufällig genau Russlands Position gewesen.

Die russische Position war nicht, die Ukraine zu spalten, noch weniger, sie zu erobern, sondern seine Rolle als Brücke zu erleichtern. Das würde ein Maß an Föderalismus erfordern, von lokaler Regierung, mit lokalen Gouverneure, die gewählt und nicht von der Zentrale in Kiew gestellt werden, was alles bisher völlig im Lande fehlt. Eine föderative Ukraine könnte sowohl Beziehungen zur EU entwickeln und ihre vitalen (und profitablen) ökonomischen Beziehungen zu Russland aufrechterhalten.

Aber dies würde die westliche Bereitschaft erfordern, mit Russland zu kooperieren. Die USA hat diese Möglichkeit völlig ausgeschlossen und zieht es vor, die Krise zu nutzen, um Russland als "den Feind" zu brandmarken.

Plan A und Plan B

Die US-Politik, die bereits 2013 in Yalta offenbar war, wurde vor Ort von Victoria Nuland ausgeführt, ehemalige Beraterin von Dick Cheney, stellvertretende NATO-Botschafterin, Sprecherin von Hillary Clinton, Ehefrau des neocon-Theoretikers Robert Kagan. Ihre führende Rolle in den Ereignissen beweist, dass der neocon-Einfluss im US-  Außenministerium, das unter Bush II geschaffen wurde, von Obama beibehalten wurde, dessen einzig sichtbarer Beitrag zum Wechsel der Außenpolitik die Gegenwart eines Mannes afrikanischen Ursprungs war, was die Welt mit den US-multikulturellen Tugenden beeindrucken sollte. Wie die meisten jüngsten Präsidenten ist Obama dort als Verkäufer auf Zeit der Politik, die von anderen gemacht und ausgeführt wird.

Wie Victoria Nuland in Washington prahlte, hat die USA seit der Auflösung der SU 1991 5 Mrd. $ ausgegeben, um politischen Einfluss in der Ukraine zu bekommen (was sich "Förderung der Demokratie" nennt). Diese Investition ist nicht "für Öl" oder für unmittelbare ökonomischen Vorteile. Das primäre Motiv ist geopolitisch, weil die Ukraine Russlands Achillesferse ist, das Territorium mit dem größte Potential, Russland Schwierigkeiten zu bereiten.

Was die Aufmerksamkeit auf Victoria Nulands Rolle in der Krise hervorrief, war die Benutzung eines unanständigen Wortes, als sie zum US-Botschafter sagte "Fick die EU". Aber das Aufheben über ihre ungehobelte Sprache verbarg ihre schlimmen Absichten. Das Problem war, wer die Macht des gewählten Präsidenten Janukowitsch übernehmen sollte. Die Partei von Kanzlerin Merkel war für den ehemaligen Boxer Klitschko. Nulands rüde Ablehnung bedeutete, dass die USA und nicht Deutschland oder die EU den nächsten Führer zu wählen hatten, und das war nicht Klitschko sondern "Yats". Und in der Tat war es Yats, Arseni Jatsenjuk ein zweitrangiger US-gesponserter Technokrat, bekannt für seinen Enthusiasmus für die Sparpolitik des IWF und die NATO-Mitgliedschaft,  der den Job bekam. Das versetzte eine US-gesponserte Regierung, durchgedrückt durch eine faschistische Miliz auf der Straße und ohne Wahlgehampel, aber mit jeder Menge bewaffneter Gemeinheit, in eine Position, um die Wahlen am 25. Mai zu managen, von denen der Russen-freundliche Osten großenteils ausgeschlossen war.

Plan A des Victoria Nuland Putsches war wahrscheinlich, schnell eine Regierung in Kiew zu installieren, die der NATO beitreten würde, um formal die Bühne für die USA frei zu machen, um Russlands unentbehrliche Marinebasis Sevastopol auf der Krim in Besitz zu nehmen. Die Krim wieder mit Russland zu vereinen, war Putins notwendiger Verteidigungszug, um dies zu verhindern.

Aber das Nuland Gambit war in der Tat ein win-win-Trick. Wenn Russland sich nicht verteidigte, riskierte es, seine gesamte Süd-Flotte zu verlieren - ein totales nationales Desaster. Andererseits, wenn Russland reagierte, was am wahrscheinlichsten war, gewann die USA einen politischen Sieg, der vielleicht das Hauptziel war. Putins absolut defensiver Zug wird in den westlichen Mainstream-Medien, in Nachäffung politischer Führer, als unprovozierter "russischer Expansionismus" portraitiert, was die Propaganda-Maschine mit Hitlers Griff nach Polen und der Tschechoslowakei vergleicht.

Eine derart offene westliche Provokation, die Ausnutzung des ukrainischen politischen Durcheinanders gegen ein im Grunde defensives Russland, hat erstaunlicherweise durch die Massenmedien einen völligen Wechsel im künstlichen Zeitgeist produziert. Plötzlich wird uns erzählt, dass der "Freiheit liebende Westen" sich der Bedrohung durch einen "aggressiven russischen Expansionismus" gegenübersieht. Vor 40 Jahren verschenkten die Sowjetführer den ganzen Laden mit der Illusion, dass ein friedlicher Verzicht ihrerseits zu einer freundlichen Partnerschaft mit dem Westen und insbesondere mit den USA führen könnte. Aber jene in den USA, die niemals ein Ende des Kalten Krieges wollten, bekamen ihre Revanche. Vergesst "Kommunismus" ; wenn statt der Propagierung der Diktatur des Proletariats Russlands Führer einfach altmodisch in gewisser Weise ist, dann können die westlichen Medien daraus auch ein Monster fabrizieren. Die USA brauchen einen Feind, um die Welt vor ihm zu retten.

Die Schutz -Schwindel ist wieder da

In erster Linie braucht die USA Russland als einen Feind, um "Europa zu retten", was eine andere Art ist zu sagen, um weiterhin Europa zu dominieren. Washingtons Politiker schienen besorgt gewesen zu sein, dass Obamas Drehung nach Asien und Vernachlässigung Europas die US-Kontrolle ihrer NATO-Alliierten schwächen könnte. Die Europa-Wahlen vom 25. Mai enthüllten ein großes Maß an Abneigung gegen die Europäische Union. Diese Abneigung, vor allem in Frankreich, ist verknüpft mit dem zunehmenden Bewusstsein, dass die EU, weit entfernt, eine potentielle Alternative zur USA zu sein, in Wirklichkeit ein Mechanismus ist, der die europäischen Länder in die von den USA definierte Globalisierung einbindet, den ökonomischen Niedergang und die US-Außenpolitik mit Kriegen und dem allen.

Die Ukraine ist nicht das einzige Gebilde, das überdehnt ist. Die EU ebenfalls. Mit 28 Mitgliedern von verschiedener Sprache, Kultur, Geschichte und Mentalität ist die EU unfähig, in irgendeiner außenpolitischen Frage einer Meinung zu sein außer der, die von Washington vorgeschrieben wird. Die Ausweitung der EU auf die ehemaligen osteuropäischen Satelliten hat völlig alles zerbrochen, was an tieferem Konsens hätte möglich sein können unter den Ländern der ursprünglichen Wirtschafts-Gemeinschaft: Frankreich, Deutschland, Italien und die Benelux-Staaten. Polen und die baltischen Staaten sehen die EU-Mitgliedschaft als nützlich, aber ihre Herzen sind bei Amerika - wo viele ihrer einflussreichsten Führer erzogen und trainiert worden sind. Washington ist in der Lag, die anti-kommunistische, anti-russische und sogar pro-Nazi- Nostalgie des nordöstlichen Europa auszubeuten, und das falsche Geschrei "Die Russen kommen!" zu erheben, um die wachsende ökonomische Partnerschaft zwischen der alten EU, besonders Deutschland und Russland zu hemmen.

   Russland ist keine Bedrohung. Aber für die lautstarken Russenfeinde in den baltischen Staaten, der westlichen Ukraine und Polen ist die bloße Existenz Russlands eine Drohung. Ermutigt durch die USA und die NATO ist diese endemische Feindschaft die politische Basis eines neuen "eisernen Vorhangs", der das 1997 von Zbigniew Brzezinski ausgesprochene Ziel in "The Grand Chessboard: keeping the Eurasian continent divided in order to perpetuate US-world hegemony" zu erreichen. Der alte Kalte Krieg diente diesem Zweck; er zementierte die US-Militärpräsenz und den politischen Einfluss in Westeuropa. Ein neuer Kalter Krieg kann verhüten, dass der US-Einfluss durch gute Beziehungen zwischen Westeuropa und Russland aufgeweicht wird.

Obama ist nach Europa gekommen, um ostentativ zu versprechen, Europa "zu beschützen", indem er mehr Truppen so nahe an die russische Grenze wie möglich verlegt und gleichzeitig Russland befiehlt, seine eigenen Truppen im eigenen Land noch weiter von der Ukraine zurückzuziehen. Damit ist beabsichtigt, Putin zu erniedrigen und ihm die politische Unterstützung zuhause zu entziehen, zu einer Zeit, wo in der Ostukraine Proteste gegen den russischen Führer stattfinden, weil er sie den Killern aus Kiew überlässt.

Um den Griff um Europa zu stärken, benutzt die USA die künstliche Krise zu verlangen, dass ihre verschuldeten Alliierten noch mehr für "Verteidigung" ausgeben, indem sie vor allem Waffen-Systeme aus den USA kaufen. Obwohl die USA noch lange nicht in der Lage ist, Europas Energie-Bedürfnisse zu befriedigen, wird diese Aussicht schon begrüßt als Ersatz für das Naturgas aus Russland - das als "Weg der Ausübung politischen Drucks" stigmatisiert wird, wovon die hypothetischen Energie-Verkäufe der USA natürlich völlig frei sind. Druck wird auf Bulgarien und sogar Serbien ausgeübt, um die South Stream Pipeline zu bloquieren, die russisches Gas auf den Balkan und nach  Südeuropa bringen soll.

Vom D-Day zum Dooms Day (Wortspiel: Doomsday heißt Weltuntergang resp. Tag des Jüngsten Gerichts)

Heute, am 6. Juni, wird der 70. Jahrestag der D-Day Landung in der Normandie als gigantisches Spektakel der Amerikansischen  Vorherrschaft gefeiert, mit Obama als Superstar der europäischen Führer. Die letzten der alten Kämpfer und Flieger sind wie Geister eines unschuldigeren Zeitalters anwesend, als die USA erst am Anfang ihrer neuen Karriere als Herren der Welt standen. Sie waren wirklich, der Rest war Affentheater.

Das  französische Fernsehen fließt über von den Tränen junger Dorfbewohner in der Normandie, die gelehrt wurden, dass die USA eine Art Schutzengel sind, der seine Jungs zum Sterben an die Ufer der Normandie schickte aus  reiner Liebe zu Frankreich. Dieses idealisierte Bild der Vergangenheit wird implizit auf die Zukunft projeziert. In 70 Jahren haben der Kalte Krieg, eine dominante Propaganda Version und vor allem Hollywood die Franzosen überzeugt, und den größten Teil des Westens, dass der D-Day der Wendepunkt gewesen ist, der den Krieg zum Sieg führte und Europa vor Nazi-Deutschland rettete.

Wladimir Putin kam zu der Feier und wurde geschickt von Obama gemieden, dem selbsternannten Tugendrichter. Die Russen zollen der D-Day Operation, die Frankreich von der Nazi-Besatzung befreite, ihre Achtung, aber sie - und die Historiker - wissen, was die Meisten im Westen vergessen haben: dass die Wehrmacht entscheidend besiegt wurde nicht durch die Landung in der Normandie, sondern von der Roten Armee. Wäre der Großteil der deutschen Kräfte nicht an der Ostfront gebunden gewesen, wo sie einen verlorenen Krieg fochten, würde niemand den D-Day feiern, wie er heute gefeiert wird.

Putin wird weithin als "bester Schachspieler" angesehen, der die erste Runde in der Ukraine-Krise gewann. Er hat zweifellos das Beste getan, was er konnte, angesichts der ihm aufgezwungenen Krise. Aber die USA hat große Reihen von Bauern, die Putin nicht hat. Und dies ist nicht nur ein Schachspiel, sondern Schach in Verbindung mit Poker und russischem Roulette. Die USA sind bereit, Risiken einzugehen, die die vorsichtigeren russischen Führer vorziehen zu vermeiden ... so lange wie möglich.

Vielleicht ist der ungewöhnlichste Aspekt des gegewärtigen Affentheaters die Servilität der "alten" Europäer. Offenbar wird Europas ganze angehäufte Weisheit aus seinen Kriegen und Tragödien aufgegeben, selbst die besten eigenen Interessen vergessen; die heutigen europäischen Führer scheinen bereit, ihren amerikanischen Beschützern zu einem anderen D-Day zu folgen ... wobei D für Doom steht.

Kann die Anwesenheit des Frieden suchenden russischen Führers in der Normandie einen Unterschied machen? Es wäre doch nur nötig, dass die Massenmedien die Wahrheit berichten und für Europa, einigermaßen kluge und mutige Führer hervorzubringen, dann würde die ganze falsche Kriegsmaschine ihren Glanz verlieren und die Morgenröte der Wahrheit könnte aufziehen. Ein friedliches Europa ist noch möglich, aber wie lange noch?

Diana Johnstone ist Autorin von "Fools' Crusade: Yugoslavia, NATO, and the Western Delusions". Sie kann unter diana.johnstone@wanadoo.fr erreicht werden.

Quelle - källa - source

9 Kommentare:

  1. Klasse Text trifft es genau auf den Punkt und wenn jemand mal wirklich ohne Vorurteile an dieses Thema tritt geht einem ein Licht auf...

    Schuld an diesem ganzen Mist der läuft sind doch einfach schlicht und ergreifend unsere verdammten Medien die Lügen und Informationen unterdrücken!!! Würden die Menschen wirklich neutrale unabhängige Medien bekommen hätte die Elite vermutlich nicht so ein einfaches Spiel! Sollen diese ganzen copy und paste "Journalisten" von der Blöd, Schmiergel, lokus usw das bekommen was sie verdienen : das ewige Höllenfeuer!!!

    Einar ich danke Ihnen für Ihre Arbeit sie sind ein wichtiger Informant für mich!!!

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  2. Sehr geehrter Herr Schlereth,

    meine absolute Hochachtung für Ihren bemerkenswerten Blog. Sehr informativ und weitreichend.

    Alustoon

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  3. Exzellenter Artikel!

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  4. Vielen Dank für die Übersetzung!

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  5. Danke für den hochinteressanten Artikel! Wirklich hochinteressanter Blog!
    Zu der Frage, die am Ende im Raum steht, warum wehren sich die westeuropäischen Regierungen nicht gg. die Zumutungen aus USA bzw achten nicht mehr auf ihre eigenen Interessen:
    Könnte es wirklich den "Nuclear Blackmail" (nukleare Erpressung) geben, von dem z.B. jimstonefreelance.com berichtet? Da muß ich auch immer an den Song "First we take Manhattan, then we take Berlin" denken.So beängstigend es ist, aber den Kopf in den Sand stecken wird uns nichts helfen...

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    1. Ich denke diese ganzen Schweinereien sind nur möglich, weil alle Toppolitiker korrupt sind, sowohl in der Ukraine, als auch in der westlichen Welt.
      In der Ukraine ist jetzt sogar ein ehemaliger CIA-Mitarbeiter an der Regierung !
      In der EU hat ein US-Topbänker das Sagen, außerdem noch straffrei gestellt !

      Christoph Hörstel hat es auf den Punkt gebracht ....
      http://nuoviso.tv/geopolitik-2014-ukraine-syrien-iran-christoph-hoerstel

      MfG. grillbert Hamburg

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