Dieser Artikel vom maverablogg ist meine Übersetzung aus dem Schwedischen. Den militärischen Teil finde ich sehr interessant, während der politische Teil am Ende sehr flau ist. Nun ja, Militärs sind selten auch politische Analytiker.
Argumenti.ru hat mehrmals sich auf einen russischen Oberst Ilja Korenev bezogen, der während der Libyenkrise als Muammar Gaddafis militärischer Ratgeber arbeitete. Nun hat die Zeitung ein sensationelles Interview mit ihm gemacht. Ilja hat ein halbes Jahr mit Gaddafi und seiner Familie verbracht. Gegenwärtig befindet er sich in Lateinamerika zur Behandlung von Verletzungen, die er in der libyschen Wüste nahe der Grenze zu Algerien erhalten hat.
Hier folgt eine freie Übersetzung des Interviews von mir [aus dem Russischen]. Korenevs Bericht gibt ein sehr gutes und objektives Bild dessen, was in Libyen passiert und was geschehen wird.
Frage:
Wie kamst du nach Libyen? Russland gibt ja keine offizielle
Unterstützung für Gaddafi.
Antwort:
Im Frühjahr machte ich eine Dienstreise nach Algerien mit einem
Handelsauftrag. Durch Verbindungen, die durch die Botschaft
hergestellt wurden, kam ich in Muammars Hauptquartier. Beinahe
unmittelbar fingen wir an, das Personal der verstärkten 32. Brigade,
die von Khamis Gaddafi geführt wird, vorzubereiten. Coaching und
Ausbildung für den Nahkampf in städtischer Umgebung. Die Tatsache,
dass es unmöglich sein wird, Tripolis zu halten, wurde schon im Juni
oder Juli klar. Daher wurden die Leute ausgebildet, um militärische
Zusammenstöße in kleinen autonomen Gruppen durchführen zu können,
sowohl in der Stadt als auch außerhalb.
Die
Soldaten und Offiziere in der 32. Brigade sind sehr gut vorbereitet.
Einige wurden bei der SAS und in Frankreich ausgebildet. Aber in
Libyen steht die russische Militärschule in hohem Ansehen.
Die
Taktik, Kämpfe in kleinen Gruppen zu führen, stammt aus den
Erfahrungen des zweiten Weltkrieges und aus Tschetschenien. Kleine
Gruppen, von 20-30 Leuten, greifen Militär-Konvoys an, minieren den
Boden und danach bringen sie sich in Sicherheit.
F.:
Du sagst, 'wir'? Wir – ist das Russland oder hattest du noch
jemanden mit dir in Libyen?
A.:
Natürlich war ich dort nicht alleine. Alles, was ich sagen kann,
ist, dass es ein paar von unseren Leuten bei Gaddafi gibt. Aus Russland
sind es meistens pensionierte Offiziere der russischen Armee und
Spezialisten aus den früheren Sowjet-Republiken.
F.:
Du hast nicht geantwortet. Warum wurdest du nach Tripolis geschickt,
während die russischen Behörden offiziell bekanntgaben, dass
Gaddafi zurücktreten muss?
A.:
Es ist nicht verboten, Leute auf eine Dienstreise zu schicken, z. B.
im Rahmen militärisch-technischer Zusammenarbeit. Meine Arbeit wird
eher nach dem Resultat als nach Planung und Berichten zu rechter Zeit
beurteilt. Die Profis verstehen, dass der Angriff auf Libyen ein Teil
geplanter Maßnahmen ist. Als nächsten sind Syrien, Algerien, Jemen,
Saudiarabien, Iran, Zentralasien und Russland dran. Die Reihenfolge
spielt keine Rolle. Aber Russland wird zuletzt dran sein. Jetzt ist
Russland von unfreundlichen Marionettenregimen umgeben, von Radar,
Militärbasen, Korruption wird ermuntert und die Andersdenkenden im
Lande nehmen zu.
F.:
Wirst du nach Libyen im Dienst bleiben?
A.: Ich
habe bereits um meinen Abschied nachgesucht. Aber ich denke nicht
daran, nach Russland zurückzukehren. In diesem Jahr haben sich viele
Dinge verändert, und ich habe gewisse Beschlüsse für mich
getroffen. Selbst ohne Papier werde ich nicht aufhören, Militär zu
sein.
F.: Du
sagst, es war unmöglich, Tripolis zu halten. Was ist schief
gelaufen?
A.: Das
war nicht der Fehler der Verteidigung, sondern der Beurteilung des
Konfliktes. Gaddafi lebte gleichsam in zwei parallellen Welten. Er
führte nicht die Art Politik wie Nordkoreas Führer. Gaddafi glaubte
nicht, dass die NATO eine Bodenoperation durchführen würde. Selbst
Mitte August, als die NATO Tripolis und andere Städte bombardierte,
sprach er mit Berlusconi und Sarkozy. Die versichertem ihm, dass sie
niemals eine Bodenoperation gegen Tripolis durchführen würden. Vor
mehreren Jahren wurde Gaddafi angeboten, sich ein starkes, komplettes
Luftverteidigungssystem zuzulegen. Aber er glaubte, dass so eine
Maßnahme nur die USA und Europa reizen würde. Ich wiederhole, dass
Italien, Frankreich und selbst England ihm versicherten, dass es
niemals eine Bodenoperation in Libyen geben würde.
Es
war auch ein Fehler, die vom Westen bestochenen libyschen Beamten so
lange zu beobachten. Man hätte sie unmittelbar verhaften sollen, um
das Geschwür nicht auszudehnen. Aber Gaddafi wollte so viele wie
möglich identifizieren. Gaddafis Unentschlossenheit auf Grund seiner
persönlichen Ansichten von dem Konflikt führte zu der Tatsache,
dass mehrere hohe Offiziere ein paar Millionen Dollar entgegennahmen
und zu den Rebellen übergingen. Der menschliche Faktor ist auch in
Afrika der menschliche Faktor.
F.: Wie
glückte es euch, unbeschadet aus Tripolis herauszukommen?
A.:
Wir wurden durch Al Dschasira und CNN gewarnt. Wir sahen die Bilder
vom „Sieg“ der Rebellen, die in Katar gefilmt worden waren. Es
war schon bekannt, dass die Kulissen des Grünen Platzes in Tripolis
in der Wüste nahe Doha aufgebaut worden waren. Wir wussten wozu sie
dienten. Diese Bilder waren das Signal für den Angriff der Rebellen.
Unmittelbar nach diesen Bildern haben die „Schläfer-Zellen“ der
Rebellen in Tripolis angefangen, Straßensperren in der ganzen Stadt
zu errichten, in Führungszentralen einzudringen und in Wohnungen,
die Offizieren gehörten, die Gaddafi nicht verraten haben.
Ausländische
Truppen begannen, im Hafen zu landen. Eine der Flanken antwortete
nicht mehr. Der General Eshkal kapitulierte und verließ seinen
Posten kampflos. Gaddafi gab den Befehl zum Rückzug und nicht das
Feuer mit Feuer zu löschen. Er wollte nicht Tripolis in einen Kessel
verwandeln, wo alle getötet würden, die Zivilisten und die
Soldaten. Mehrere hundert Freiwillige weigerten sich, dem Befehl
Folge zu leisten und blieben in der Stadt, um dem Feind maximalen
Schaden zuzufügen und den Feind davon abzulenken, das
Führungskommando zu verfolgen. Die setzen ihren Widerstand heute
noch fort. Es gibt Viertel in Tripolis, wo auch die Islamisten sich
nicht hineintrauen. Das ist ihre Wahl, es ist ihre Stadt und ich
verstehe sie.
Als
der Sturm auf Tripolis begann, verließen wir das Haus in der Nähe
der Basis Bab al-Azizya und fuhren zu einem kleinen Haus im südlichen
Teil der Hauptstadt. Nur wenige Stunden später verließen wir die
Stadt und begaben uns an einen sicheren Ort. Es zeigte sich, dass wir
es gerade noch rechtzeitig taten, denn drei GBU-Bomben [Erklärung
siehe hier.]
trafen das Haus. Die Autos waren einfache Jeeps, keine feinen
Mercedes-Autor, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich glaube, dass
die Amerikaner wussten, wo Gaddafi war. Aber die Raketen und Bomben
fielen 5 Minuten, nachdem wir den Platz verlassen hatten. Es war so,
als wollten sie zeigen, dass er zu jedem Zeitpunkt getötet werden
könnte, aber noch nicht. Offenbar gab es ein Verbot, ihn zu
eliminieren. In dem libyschen Konflikt widmet man viel Aufmerksamkeit
den Informations- und psychologischen Angriffen.
F.: Hält
Gaddafi die Familienmitglieder, die in Libyen geblieben sind,
beisammen?
S.: Nein,
die Familie wurde beinahe sofort aufgeteilt. Das ist die effektivste
Lösung. Gewöhnliche Libyer sagen, wenn Gaddafi nicht mehr lebt,
dann sicher einer seiner Söhne. Jetzt ist der eine nach Tunisien
gefahren, jemand nach Algerien, jemand in den Niger. Aber die Grenzen
sind durchlässig. Khamis ist noch in einem Vorort von Tripolis, um
den Widerstand zu organisieren. Saif ist in Bani Walid. Weder der
Oberst noch seine Kinder befinden sich an ein und demselben Platz,
sondern sind in ständiger Bewegung. Das größte Problem ist die
Kommunikation. Der Äther wird beherrscht vom Militär und der
technischen Ausrüstung der 6. amerikanischen Flotte, DIA und NSA.
Deshalb durften wir nicht riskieren, Fotos und Videoklipps zu
schicken. Die NATO weiss in etwa, wo wir sind und blockiert die
Verbindungen.
F.:
Ja, Bilder von den gefangenen britischen Soldaten wäre gut gewesen
zu sehen. Wie passierte das? Wie wusstet ihr, dass die vom SAS waren?
Man pflegt ja bei militärischen Operationen keine Dokumente mit sich
zu führen.
A.: Die
Bilder kommen noch. Die Kriegsgefangenen selbst und das Faktum der
Erniedrigung der feindlichen Armee sind ein Argument. Krieg ist
Krieg, aber man kann immer einen Dialog führen. Je mehr Trümpfe man
hat, umso leichter ist es, einen Dialog zu führen. Es war eine
subversive Gruppe von 30 Leuten. Die meisten aus der Armee von Katar
plus 13 Engländer und ein Franzose. Die führten Spähaufträge
außerhalb von Bani Walid durch. Offenbar für die Hauptkräfte. Die
Lokalbevölkerung berichtete von der Gruppe. Wir konnten die
Operation durchführen und sie gefangennehmen. Die Katar-Soldaten
wurden von den Libyern hingerichtet. Sie hassen sie furchtbar. Sie
sagen: „Wie kann das sein, dass ein Moslem ins Haus eines anderen
Moslem dringt und seine Familie tötet?“ Deshalb die Todesstrafe.
Punkt Schluss. Die Engländer und der Franzose wurden getrennt,
verhört und an einen sicheren Platz gebracht. Die hatten nichts zu
verbergen? Wir schrieben ihre Namen, Nummern auf, fotografierten sie
und überführten die Information via e-Post nach England und
Frankreich. Wir boten an, die Soldaten ohne Bedingungen wo immer in
Libyen zu übergeben.
Im
übrigen wurde das Auto, von dem aus die Information übertragen
wurde, wenige Stunden danach von einer Rakete getroffen, als es auf
dem Weg in die Stadt war. Der Äther wird also sehr genau überwacht.
Nachdem England seine Soldaten nicht haben wollte, erwogen wir die
Möglichkeit, sie nach Algerien zu bringen. Wir wollten eine
Pressekonferenz machen und sie der Welt zeigen. Ich war in einer
Kolonne mit Moussa Ibrahims Leuten auf dem Weg nach Algerien, um die
Pressekonferenz vorzubereiten. Auf Grund vieler diplomatischer
Schwierigkeiten würde es nicht gehen, sie in der Hauptstadt
abzuhalten, weswegen wir sie stattdessen in einem Dorf an der Grenze
machen wollten. Unterwegs wurden wir von Helikoptern beschossen. Ich
wurde von der Explosion aus dem Wagen geschleudert. Ich wurde von
Touaregs aufgesammelt und sie halfen mir über die Grenze. Von dort
kam ich hierher zur Behandlung. Es verlief nicht nach Plan, aber ich
lebe.
F.:
Gibt es eine Bedrohung für Russland seitens der USA und der NATO?
A.: Natürlich.
Es wird anfangs nicht zu einer offenen Konfrontation kommen. Die
größte Priorität ist, den Kaukasus zu destabilisieren mit Hilfe
radikaler Islamisten und Südrussland in einen lokalen aber
umfangreichen Krieg hineinzuziehen. Jetzt kommen im Maghred radikale
Islamisten an die Macht, Al Qaida und andere extremistische Gruppen.
Abdelhakim Belhadj ist der militärische Befehlshaber in Tripolis und
er hat es auf eine Hauptrolle in der neuen Regierung in Libyen
abgesehen. Er ist die wichtigste Person in Libyens Islamistischer
Kampfgruppe (LIFG), die vom US-Außenministerium als
Terroristenorganisation eingestuft wurde.
F.: Gibt
es noch mehr Kandidaten?
A.:
Die gibt es. Oberst Khalifa Haftar (Überläufer), der 20 Jahre in
den USA gelebt hat. Ein ehemaliger Richter unter Gaddafi – Muhammad
Bashir Al-Haddar. Um mich kurz zu fassen – Belhadj ist Katars
Schützling. Al-Haddar ist einer der Oligarchen aus Misrata, der von
Frankreich unterstützt wird. Haftar ist ein Schützling der
Oligarchen in Bengasi, der von den USA unterstützt wird.
Wenn
Belhadj in die Regierung kommt, was er sicherlich schafft, dann wird
er in den Hauptstädten der Welt willkommen sein. Nett! Einb
Terrorist, der Verbindung mit unseren kaukasischen Terroristen hat,
kommt in den Kreml und schüttelt die Hand des Präsidenten.
Außerdem,
außer der Verbreitung des radikalen Islam in Libyen findet eine
unkontrollierte Plünderung der Waffen in den libyschen Depots der
Armee statt. Die meisten dieser Waffen werden mit Frachtern in den
Kaukasus gebracht. Von den Häfen in Nordafrika zum Kaukasus sind es
nur ein paar Tagesreisen.
F.:
Was ist das einzigartige an dem libyschen Krieg? Wie unterscheidet er
sich von den bewaffneten Konflikten, die du mitgemacht hast?
A.: Jeder
Krieg ist einzigartig. I Libyen ist es eine Mischung. Hier gibt es
eine massive Propaganda wie im 2. Weltkrieg, brennende Gebiete wie in
Vietnam, Korruption und Deserteure wie im Irak. Wie in allen Kriegen
wird eine große Zahl Zivilisten getötet. Aber der Konflikt ist
wirklich einzigartig. Auf der einen Seite das Touaregvolk (die
Krieges aus der Wüste mit Gewehren von 1908) und auf der anderen
Seite gelenkte Flugbomben, lasergelenkte Raketen, radiogelenkte
Fahrzeuge, Aufklärung. Die Zivilisation begegnet der Ewigkeit.
Das
Territorium, auf dem der Konflikt abläuft, ist vielleicht das größte
seit dem 2. Weltkrieg. Aber wenn es um die Zahl der Interessen geht,
die in diesen Krieg verwickelt sind, dann sind es, wenn nicht mehr,
so zumindest ebenso viele wie im 2. Weltkrieg.
Schwierige
Sektoren sind Psychologie und Information. US-Flugzeuge mit
besonderer Propaganda sind ständig in der Luft über Libyen und
werfen Propaganda ab.
Provozierende
Berichte von Al Dschasira, BBC, CNN, Reuters werden vom
Informationszentrum der NATO koordiniert und abgestimmt.
F.: Was
sind die stärksten Herausforderungen und Ziele für Gaddafis
Truppen?
A.: Das
ist einfach. Reine Mathematik. Bei 100% der Bevölkerung gibt es
immer 10%, die die Opposition sind und 10%, die Loyalisten sind. Was
auch immer im Land passiert, unabhängig wie sich der Führer
benimmt, die ersten werden ihn immer kritisieren, während die
anderen immer loyal ihm gegemüber sein werden. Keiner löst
eigentlich irgendetwas. Das Problem wird von den restlichen 80-90%
gelöst, deren Ansicht in beide Richtungen schwenken kann. Mit
geschickter Provokation, Bestechung und Propaganda haben die
führenden westlichen Medien die Balance zerstört. Aber die Feinde
Gaddafis haben das Pendel zu weit ausgeschwenkt, deswegen wird es mit
derselben Kraft zurückschlagen. Und das wird sich nicht nur in der
militärischen und politischen Sphäre zeigen. Ich würde sagen
wollen, dass das Gebiet noch größer wird und nicht nur auf Libyen
beschränkt bleibt. Deshalb, weil die Fürsprecher der Jamahiriya
ihre Hauptaufgabe darin sehen (wie in einem Gerichtshof), alle
Beweise und Argumente auf die richtige Weise zu präsentieren. Das
Volk hier ist speziell. Die fühlen mit dem Herzen. Wer ein Feind
ist, wer ein Freund ist, wer gut ist, wer schlecht ist. Das Problem
ist praktisch nicht einmal das Militär. Das Militär ist nur ein
kleiner Anhang.
Auf
der militärischen Seite wird viel davon abhängen von der
Unterstützung der Rebellen von der NATO. Wenn die NATO die
Luftangriffe einstellt oder zumindest einschränkt (wie sie
verspricht), wird es kein großes Problem sein, die Rebellen
hinauszuwerfen. Das ist schwerer mit den radikalen Extremisten. Die
trainieren Jungen aus Afghanistan und Pakistan. Die wissen, wie man
mit Waffen umgeht. Und die können nirgends hinfliehen, Libyen ist
ein fremdes Land für sie.
Vermutlich
kommen bald private Militärs ins Land, die sich um die Pipelines und
Raffinerien kümmern werden. Diese Information kommt bereits aus
Brega und Ras Lanuf. Noch ist es den westlichen Truppen nicht
geglückt, sich dort zu etablieren. Deshalb ist die Herausforderung,
diese Anlagen permanent zu sprengen. Sie zu schützen vor Raketen,
die aus der Wüste kommen, ist unmöglich. In Europa muss man
verstehen, dass jedes Fass Öl sehr teuer zu stehen kommt. Sowohl in
Geld als auch Menschenleben. Die Jungens der privaten militärischen
Unternehmen sind auch keine Idioten, die werden sich ihre Dienste
teuer bezahlen lassen und das wird nicht lohnend. Reguläre Truppen
kann man auch nicht schicken, das wäre sehr dumm.
F.: Wen
unterstützen die Libyer, Gaddafi oder die neue Regierung?
A.:
Ich würde es nicht eine neue Macht nennen. Natürlich unterstützen
gewöhnliche Menschen den, der ihnen Arbeit und Brot gibt, und am
wichtigsten – Sicherheit. In Libyen gab es Menschen, die Gaddafi
kritisierten, das stimmt (5-10%). Und die hatten nicht die Absicht,
die Bevölkerung zu töten. Und die waren eine Minorität. Die neuen
so genannten Behörden und besonders die radikalen Extremisten können
keine Stabilität in Libyen jetzt garantieren, auch nicht in einer
überschaubaren Zukunft. Da die meisten, wenn auch nicht für Gaddafi
persönlich, so doch für „die Zeit Gaddafis“.
Aber
im Osten lösen, traditionell gesehen, Geld und Macht alle Probleme.
Wenn die Loyalisten ein paar Male überzeugende Siege erringen, dann
wird das Volk sie stützen. Während gewisse Städte Widerstand
leisten, wartet das Volk und fragt sich, wovon sie „befreit“
werden und warum. Das Volk wird vergleichen, wie es ihnen vor der
„Revolution“ ging und wie danach. Und niemand findet die jetzige
Lage gut. Wenn Sirte und Bani Walid verlieren, dann wird das Volk
sich gegen die neuen Machthaber wenden. Auf Grund von Angst. Da es
keine andere Wahl gibt.
Die
Entwicklung in der Region wird in einer nahen Zukunft sehr schnell
gehen. In den kommenden Monaten wird eine Richtung für die
Weiterentwicklung deutlicher werden. Wenn die Ursachen des Krieges
und die Berichte objektiv dargestellt werden, werden die Loyalisten,
Gaddafi und die Jamahiriya-Getreuen gewinnen. F.: Was
fühlen heute die gewöhnlichen Libyer?
A.:
Die fühlen sich betrogen, geschlagen, vergewaltigt und absolut nicht
frei. Stell dir vor, dass die NATO ein Land bombardiert unter dem
Vorwand des humanitären Beistands. Die Bombardierungen sind noch
nicht abgeschlossen, da kommen die Kapitalisten bereits angerannt, um
untereinander das Öl und die Raffinerien aufzuteiln, während die
radikalen Extremisten in die Häuser der Menschen einbrechen … Und
sie sagen alle, dass sie dem Volk zeigen werden, wie es jetzt leben
soll. Und die Extremisten fügen hinzu „auf Ungehorsam steht der
Tod“. Aus reinem Selbsterhaltungstrieb würden die Leute instinktiv
sich zusammenrollen. Um zu überleben, unterschreiben sie welches
Papier auch immer und hissen welche Fahne auch immer. Die Menschen
warten darauf, dass die libysche Armee zurückkommt und sie befreit
und die alten Zeiten wiederkehren. Ungefähr so denkt das Volk jetzt.
Aber da so viel Blut geflossen ist, wird nichts mehr sein wie früher.
F.: Sprichst
du arabisch?
A.: Sonst
würden die mich nicht schicken.
F.: Wann
wirst du nach Libyen zurückkehren?
A.: In
ein paar Tagen werde ich in einem Nachbarland sein. Die Grenze wird
zu 90% von den Rebellen kontrolliert. Aber ich habe Kontakt mit
Khamis und mit meinen eigenen. Die warten.
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