Brigitte Queck
8. Oktober 2012
Laut Mitteilung des Informationsprojektes Naher und Mittlerer Osten vom 25.07.2012 haben sich mit Wissen und Willen der Bundesregierung monatelang Assad-Gegner geheim in Berlin getroffe . Es handelt sich um eine Gruppe von bis zu 50 oppositionellen Syrern, die von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) beraten und angeleitet wurden für die Arbeit an einem Syrien nach Assad. Bezeichnenderweise nennt sich das Projekt 'Day After'. Laut Handelsblatt vom 30.8.2012 „Opposition plant für die Zeit nach Assad“ wurde diese Arbeit u.a. auch durch die Außenministerien der USA, der Schweiz sowie Nichtregierungsorganisationen aus den Niederlanden und Norwegens bezahlt.
Der Partner der SWP ist das US-Institute of Peace (USIP). Der Repräsentant des Syrischen Nationalrats Radwan Ziadeh ist ein Mitglied des in Washington gegründeten Think Tanks, deren Direktorium mit dem Ministerium für Verteidigung und dem Nationalen Sicherheitsrat eng verbunden ist und deren Präsident Richard Solomon ist, ein ehemaliger Berater des Nationalen Sicherheitsrates unter Kissinger.
Unter beträchtlichem Aufwand wurden diskret Ex-Generäle, Wirtschafts- und Justizexperten sowie Vertreter aller Ethnien und Konfessionen -– Muslimbrüder eingeschlossen, aber auch säkulare Nationalisten – aus der ganzen Welt nach Berlin eingeflogen. Volker Perthes, Direktor der SWP: „Wir haben der Opposition die Chance gegeben, unbeobachtet und ohne Druck eine Diskurscommunity zu schaffen.“ Das Ergebnis ist ein 70-Seiten-Papier, das am 28.8.2012 in Berlin vorgestellt wurde.
In der Springer Zeitung „Die Welt“ vom 5.1.2005 kann man lesen:
„Die Stiftung Wissenschaft und Politik mit Volker Perthes an der Spitze ist der größte außenpolitische Think Tank Europas, bezahlt aus Bundesmitteln (9,7 Millionen Euro im Jahre 2005) und der Bundesregierung nahe stehend.“
Schaut man sich im Internet die Selbstdarstellung der Stiftung Wissenschaft und Politik an, so erfährt man, dass es bei dem oben genannten Papier Day After nicht um reine Nächstenliebe geht, den Syrern zu helfen, sondern um nackte ökonomische, politische und militärische Eigeninteressen der westlichen Staaten, allen voran der USA, aber auch der BRD. Dem Stiftungsrat SWP gehören u.a. an: der Chef des Bundeskanzleramtes, der Leiter des Planungsstabes des Auswärtigen Amtes, Vertreter der Ministerien für Wirtschaft und Technik, die Staatssekretäre des Bundesministeriums der Verteidigung, des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sowie Personen aus der Bundeswehr.
Den politisch Aktiven unter uns fällt es nicht schwer, beim gemeinsamen Vorgehen gegen den souveränen Staat Syrien die gleiche Handschrift wie damals gegen Jugoslawien nach dem NATO-Bombardement im Jahre 2000 zu erkennen. Das damalige Jugoslawien mit Milosevic an der Spitze, der einzig noch verbliebene sozialistische Staat nach der Selbstaufgabe des Warschauer Paktes 1989/90, war den Westmächten ein Dorn im Auge und musste verschwinden. So wurde Milosevic als Präsident Jugoslawiens in den Medien als zweiter Hitler verunglimpft, sein Land unter dem Vorwand eines Völkermordes der Serben an den Kosovoalbanern von der NATO bombardiert und schließlich vor den US/NATO beherrschten Internationalen Gerichtshof gezerrt.
Da aber Milosevic beim jugoslawischen Volk grosse Sympathie genoss, genau wie heute der syrische Präsident Assad beim syrischen Volk, war es für die Westmächte nicht einfach, einen passenden Nachfolger zu finden - einerseits dem Westen genehm und andererseits einigermaßen akzeptabel für die Jugoslawen.
Moritz Hunzinger, Agent der Rüstungsindustrie, spielte dabei eine herausragende Rolle. Wie die "Unterstützung zum Machtwechsel" aussah, kann man im Oktoberheft des "Spiegel" im Jahre 2000 nachlesen:
Ab September 1999 trafen sich unter der Ägide von Hombach und auf Einladung der Friedrich Ebert-Stiftung regelmäßig im ungarischen Szeged die oppositionellen Bürgermeister Serbiens mit Vertretern deutscher Partnerstädte. "Die Städtepartnerschaften waren freilich nur ein Trick, um zu kaschieren, dass Deutschland - wie andere Staaten - der Opposition direkt unter die Arme greift."
Am 17. Dezember 1999 "versammelten Fischer und (die damalige US-Außenministerin) Albright die namhaftesten jugoslawischen Oppositionellen am Rande eines G-8-Treffens in einem fensterlosen Raum des Interconti-Hotels an der Budapester Straße in Berlin. Mit von der Partie: Zoran Djindjic und Vuk Drakovic ... Die wirklich kooperationswilligen Milosevic-Gegner einigten sich auf den bis dahin weitgehend unbekannten Kostunica als Präsidentschaftskandidaten."
Nachdem die Strategie klar war, fehlte nur noch das Geld. Folglich machte Hombach knapp 17 Millionen Mark für die Städtepartnerschaften locker, die "in Wahrheit aus dem Fundus des Auswärtigen Amtes für den Stabilitätspakt" stammten, weitere vier Millionen transferierte er nach seinen eigenen Worten "sehr, sehr heimlich" an die oppositionellen Medien.
Djindjic als Wahlkampfmanager des DOS-Bündnisses konnte, anders als der bloß vorgeschobene Kostunica, bei der Mittelvergabe mitentscheiden - Ende Juni 2000 traf er sich mit Hombach auf einem Seminar der Friedrich Ebert-Stiftung in Brüssel. Ab Ende August 2000 bis zum Sturz Milosevics am 5. Oktober war der deutsche Außenminister Fischer höchstpersönlich "in täglichem Kontakt mit der serbischen Opposition", schreibt die Hunzinger AG.
Djindjic und Hombach feierten den Jahreswechsel 2001/2002 in Dubais Nobel-Hotel Burj Al Arab. Im Februar 2002 wurde der Sozialdemokrat Hombach Geschäftsführer des Presse-Imperiums der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" ("WAZ") und übernahm mit 49 Prozent den Belgrader "Politika"-Verlag, dem die traditionsreiche Tageszeitung gleichen Namens, 13 weitere Zeitungen und Zeitschriften, ein riesiges Bürohaus im Herzen der Stadt, eine Druckerei und ein umfassendes Vertriebsnetz gehörten.
Angeblich soll auch kroatisches Kapital mit 25 Prozent an dem Coup beteiligt gewesen sein - "WAZ"-Partner im Sezessionsstaat war die ultranationalistische Europapress Holding (EPH). Damit dirigierte der Hombach-Konzern nunmehr direkt oder über Schachtelbeteiligungen in Südosteuropa 23 Zeitungen, 38 Zeitschriften und 10 Anzeigenblätter und hielt auch Anteile am kroatischen und bulgarischen Fernsehen. Seine Devise damals wie heute: "Mit einem modernen Layout und ein paar Millionen kann man da alles abräumen."
Den Rest erledigte Djindjic. Nachdem die DSS-Abgeordneten aus dem Parlament vertrieben worden waren, mußten nun auch die Sozialisten stillgestellt werden, damit sie vor den serbischen Präsidentschaftswahlen Ende September 2000 keine Unruhe stiften konnten. Der erste Schritt dahin war die Spaltung der Partei Ende Juni 2000. Der Organisator der pro-westlichen Neugründung soll im Bunde mit Djindjic gestanden sein. Der amtierende Vorsitzende der Milosevic-treuen Partei, Mirko Marjanovic, wurde damals zusätzlich mit einer Schmutzkampagne überzogen: Er sollte ein millionenschweres Schwarzgeldkonto bei der Schweizer UBS unterhalten haben. Die Sache hatte nur einen Schönheitsfehler: Auf der Einzahlungsquittung fehlte sowohl die eingezahlte Währung als auch die Unterschrift von Marjanovic.
Meine Quellen: Jürgen Elsässer in “Konkret“ Heft 09/ 2002 unter Benutzung von Informationen von Vlado Nadazdin, Klaus Raussendorff, Milan Vuckovic und Klaus Hartmann.
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