Rostislaw
Ischtschenko
23. Juni 2015
Der
dritte Artikel des Zyklus
Übersetzt
aus dem Russischen: Thomas
Die
Periode vom ersten Sturm auf Slowjansk bis zum ersten Minsker
Abkommen war nicht nur eine ganz schwere Zeit in den Schicksalen der
DVR und der LVR, in dieser Periode wurden auch die Konzeptionen
entwickelt, wie die, die ich "Militaristen und
Friedensstifter" genannt habe. Die Wahl beider Termini war nicht
zufällig, da beide Benennungen folgerichtig sind. Wenn man nach der
Intensität der Medienaktivität geht, dann werden wir sehen, dass
die überwiegende Mehrheit der Politiker und der Experten, wenn sie
das Wünschenswerte für die Welt formulieren sollen, die
Unvermeidlichkeit einer militärischen Lösung der ukrainischen Frage
hervorhebt. Das heißt, in der Frage der Einschätzung der Situation
gibt es Differenzen.
Die neue Ukraine? |
In
Russland fehlen ernsthafte politische Kräfte (die absolut
marginalisierte liberale Opposition kann man nicht dafür halten),
die nach Frieden um jeden Preis rufen würden. Faktisch besteht der
Streit zwischen den "Friedensstiftern" und den
"Militaristen"
tatsächlich nicht darin, ob man kämpfen muss – es wäre dumm über
die Zweckmäßigkeit des Krieges zu streiten - sondern seit langem
darin, wie man kämpfen soll. Und ob man die russische Armee in einer
frühen Etappe der ukrainischen Krise, für den Sturz der noch nicht
sattelfesten Nazidiktatur einsetzen müsste.
"Die
Militaristen" meinen, dass es notwendig ist. Und ich hätte
ihnen ohne jeden Einwand zugestimmt, wenn es sich ausschließlich um
einen russisch-ukrainischen Konflikt handeln würde. Es ist wirklich
ganz widernatürlich zu beobachten, wie bei dir nebenan das
Naziregime operiert und sich stabilisiert und schon im voraus
erklärt, dass ihr Ziel die Vernichtung deines Landes und deines
Volkes ist und Du nichts dabei machst. Für niemanden ist es ein
Geheimnis, dass die ukrainischen Behörden nur in den ersten Monaten
2014 so viele Provokationen organisiert haben, dass man vollkommen
gesetzlich 10 Kriege erklären konnte. Der Übergang der Krim in die
russische Jurisdiktion hat unvermeidlich zu einer Umorganisation des
ukrainischen Staates geführt. Die real existierende Ukraine wird die
Krim immer behalten und, vom Gesichtspunkt des internationalen
Rechtes (und nicht dem der russischen hurra-Patrioten) wird die Frage
endgültig auch noch nicht erledigt sein. Folglich muss man - ob man
will oder nicht - den ukrainischen Staat zerstören.
Ich
kann die unendliche Zahl der Argumente zugunsten des Einfalls noch
vom Februar 2014 bringen. Aber warum? Die russische Führung ist nach
den in den vergangenen fünfzehn Jahren erreichten Ergebnissen doch
etwas klüger (als die hysterischen Blogger) und verfügt über das
umfassendere Bild der Geschehnisse, als die Benutzer der informativen
Ausflußbehälter, die nicht fähig sind, zu verstehen, dass man
"exklusive" Informationen "aus erster Hand" als
Informator nur dann bekommen kann, wenn man ihn für den Abfluß der
Informationen zur Irreführung verwenden soll. Wenn der Wach-Patriot
die praktische Unvermeidlichkeit des Einbeziehens Russlands in den
heißen Konflikt in einer bestimmten Etappe versteht, dann ist es
lächerlich zu meinen, dass man es im Kreml nicht sehen oder die
Gefahr unterschätzen würde. Wenn Sie selbst die Arbeit der
staatlichen russischen Massenmedien bewerten sollten, so werden Sie
sehen, dass sie in den letzten anderthalb Jahren die öffentliche
Meinung der am meisten im Februar-März 2014 vertretenen Position
umformatiert haben:« Warum sollten wir das nötig haben.
"Die
dort in der Ukraine sollten erstmal selbst zurechtkommen», bis zu
„wenn es notwendig ist dann werden wir bis nach Paris durchkommen».
Einfach so zur Unterhaltung werden solche informativen Kampagnen
nicht durchgeführt. So einfach ändert man die Sichtweise auf die
USA - vom «furchtbaren Freund» - in die Sichtweise des
«lächerlichen Feindes» nicht.
Nichtsdestoweniger
sind die Truppen, die noch vor einem halben Jahr eine zunehmend
bedrohliche Stellung an der ukrainischen Grenze bezogen hatten, nicht
offiziell auf dem Territorium der Ukraine erschienen. Sind nicht
erschienen, ungeachtet des Vorhandenseins eines Beschlusses des Rates
der Föderation und der in dem Moment legitimen Bitte Janukowytschs.
Aber man hat den Beschluß nicht umgesetzt und der Bitte nicht
entsprochen. Anstelle der Truppen ist Minsk geschehen. Und das Spiel
ist in Verlängerung gegangen. Warum rüstet Russland offenbar zum
Krieg aber beginnt ihn dann doch nicht?
Weil
nur ihre Engstirnigkeit und ihre Fixierung auf die Lage in der
Ukraine die
"Militaristen"
stört zu verstehen, dass es bei dem globalen Vernichtungskrieg
zwischen Russland und den USA nicht um Kiew und nicht um den Donbass
geht. Der Krieg geht um die Zukunft der Menschheit. Einschließlich
um unsere Zukunft. Eben deshalb ist der Konflikt global und
systemisch. In diesem Konflikt kämpft die alte, absterbende,
unheilbar kranke amerikanische Welt um die Verlängerung der Agonie.
Diese Welt kann nicht überleben. Für sie ist der Sieg nur der kurze
Aufschub des Todes. Aber noch im Sterben sind sie fähig, mit dem
Leben unvereinbare Schäden der neuen Lebenswelt zuzufügen, die sich
vor unseren Augen und bei unserer Teilnahme jetzt entwickelt. Damit
die neue Welt, in der eine individuelle Hegemonie ähnlich der
amerikanischen unmöglich stattfinden kann, sollte Russland aus der
Auseinandersetzung mit den USA stark, unversehrt und sogar mit
multipliziertem Potential hervor gehen und nicht verbraucht vom
Verlauf des Konfliktes.
Nur
das Vorhandensein eines starken und maßgeblichen Russlands, dass
sich nicht hinter dem Status des individuellen Hegemonen versteckt,
aber fähig ist, jedem auf die Finger zu hauen, der versuchen will,
sich nach dem Sturz Washingtons des leeren Thrones zu bemächtigen,
garantiert, dass die Opfer, die von der Menschheit in diesem letzten
Konflikt der alten Ära gebracht wurden auch wirklich nicht
vergeblich waren. Wir bekommen die schöne neue Welt und nicht die
zweite Ausgabe der Alten. Nur in diesem Fall sind das Blut und die
Tränen nicht nur der Kinder des Donbass, sondern auch der Kinder aus
Damaskus, der Kinder Bagdads, der Kinder Belgrads nicht umsonst
vergossen.
Wenn
wir auf die Situation von dieser Position aus schauen, so werden wir
entdecken, dass die USA Russland in der Ukraine die klassische Falle
vorbereitet haben. Sie brachten in Kiew ein Regime an die Macht, daß
nicht einfach russophob ist (Juschtschenko war ein überzeugterer
Russophober als Poroschenko), aber absichtlich ein richtig
grausames. Sie haben nicht zufällig dem Regime eine Card blanche
bezüglich des Odessaer Chatyns (Chatyn ist ein ehemaliges Dorf in
Weißrussland. Seine Bevölkerung wurde 1943 von Mitgliedern der
deutschen SS ermordet; dabei wurde das Dorf niedergebrannt. d.Ü.)
und für die ungesetzlichen Abrechnungen mit den Aktivisten in
Dnepropetrowsk, Charkow, Saporoschje, auf die politischen Totschläge
in Kiew, die fortlaufenden Verbrechen des «Rechten Sektors» und der
übrigen Nazifreiwilligen gegeben. Sie schufen das Bild, in das sich
die russische Führung einmischen konnte. Sie war unter dem Druck der
öffentlichen russischen Meinung verpflichtet, sich einzumischen. Die
Armee sollte sich in die Ukraine bewegen. Wonach Russland
wahrscheinlich Vietnam und Tschetschenien in einem Flakon bekommen
hätte.
Erstens.
Es ist unbedingt richtig, dass die Streitkräfte der Ukraine
höchstens fähig waren, einen rein akademischen Widerstand zu
leisten, der in höchstens Tagen aber eher Stunden unterdrückt
worden wäre. Aber die Nazifreiwilligen und zehntausenden
treuherzigen Armleuchter, die die Heimat vor der «russischen
Aggression im Donbass" jetzt schützen müssen, oder die
Freiwilligen, die für die Armee alles - vom Essen bis zur Uniform
und sogar bis zu den Waffen sammeln, auch Munition und sogar
ausgemusterte Technik stehen auf ihren Zetteln, oder die den
informativen Krieg in den Massenmedien und den sozialen Netzen
führen, die würden nirgendwo hingetan. Einige davon würden einen
Partisanenkrieg führen, Andere würden sich mit Sabotage
beschäftigen, noch Andere würden die neue Macht einfach leise
hassen.
Russland
hätte das riesige zerstörte Territorium, mit vierzig Millionen
bettelarmen Menschen bekommen, von denen bestimmt zwanzig Millionen
feindlich gesinnt wären, oder wenigstens nicht loyal. Und das hätte
die russischen Ressourcen gebunden, die nicht wie Gummi dehnbar sind.
Zweitens.
Es würde so die Konsolidierung Europas auf dem antirussischen
Bahnsteig der Amerikaner schneller gelingen durchzuführen und
entschloßener Ziele zu erreichen. Jenen politischen Kräften, die
jetzt mit antirussischen Positionen auftreten hätte es die Sprache
verschlagen, wenn sie bemerkt hätten, dass der tückische und bis zu
den Zähnen ausgerüstete graubraune Bär den kleinen demokratischen
gelb-blauen Hasen angegriffen hat. Und hier ist keiner sentimental.
Europa soll sich und seine Werte schützen. Es war eine vollkommen
reale europäische Ausgabe des Neo-Mccarthyismus (McCarthy-Ära oder
McCarthyismus, benannt nach dem amerikanischen Senator Joseph
McCarthy, bezeichnet einen Zeitabschnitt der jüngeren Geschichte der
USA in der Anfangsphase des Kalten Krieges. d.Ü.)
Die
Sanktionen wären sofort und in vollem Umfang eingeführt worden,
hätten bei der nicht vorbereiteten Wirtschaft sehr schmerzhaft
durchgeschlagen. In der Westukraine, hätte man mit Hilfe der
europäischen "Urlauber", der amerikanischen Ausbilder, der
NATO-Waffen und der übrigen kleinen Freuden versucht, ein Analogon
zum Donbass für Russland zu schaffen - einen hübschen erschöpfenden
kleinen Krieg zu schaffen, in dem es unmöglich ist, ein
abschließendes Ergebnis zu erreichen und der durchaus Jahrzehnte
dauern kann.
Die
Armee wäre von der Notwendigkeit gebunden, die okkupierte Ukraine zu
kontrollieren und den Widerstand der Bandera-Verbrecher zu
unterdrücken, die Wirtschaft hätte sich als in der Krise erwiesen.
Das Volk würde von der Führung Erklärungen fordern, "womit
haben wir so ein Glück verdient?», die Gesellschaft würde in einen
fatalen Strudel der Destabilisierung rutschen. Die "Militaristen"
hätten ihre Hände in Unschuld gewaschen, würden den Kreml für die
Inkompetenz kritisieren und sich mit den Liberalen solidarisieren und
sie würden erzählen, dass sie solche Katastrophe niemals zugelassen
hätten.
Drittens.
Die Verbündeten Russlands wie Zollunion, Eurasische
Wirtschaftsunion, BRICS, die Shanghaier Organisation für
Zusammenarbeit sowie die übrigen arbeitenden als auch entstehenden
Vereinigungen, die sich misstrauisch gegenüber der Führung Moskaus
verhalten, sie wegen des Versuchs verdächtigen, «die UdSSR zu
erneuern» oder, die Stelle der USA einnehmen zu wollen und dann zu
beginnen, der Welt seinen Willen zu diktieren….. in Mengen würden
sie aus allen gemeinsamen Projekten losgerannt sein. Jedermann würde
fürchten, dass man, wenn sie bereit sind die Truppen in die Ukraine
zu schicken, so ist es und zu ihnen möglich, und jemand hätte, wenn
er klüger ist, einfach berücksichtigt, dass man sich mit dem Land,
dass nicht in der Lage ist, die möglichen Folgen seiner Handlungen
zu bedenken, besser nicht verbindet.
Anstelle
des ganzen Theaters ist Minsk geschehen.
Was
hat nun eigentlich Russland bekommen?
Erstens.
Wurden in der Periode zwischen Slowjansk und Minsk, in der
Führung des Aufstands die russischen Bürger, die eigene außen- und
innenpolitische Ziele verfolgten oder einfach am Krieg teilnahmen
weil sie wie Portos waren, "ich raufe mich weil ich mich raufe»,
die wurden mit kontrollierten Einheimischen ersetzt. Die Führungen
der DVR/LVR wurden solide. Das konnte man der Welt vorlegen ohne sich
vor der Frage fürchten zu müssen: «Und warum leiten den
Volksaufstand in der Ukraine gänzlich nur russische Staatsbürger?»
Eine unkontrollierte Machnowschtschina (Die Machnowschtschina oder
Machno-Bewegung war eine anarchistische Bauern- und
Partisanenbewegung, die zwischen 1917 und 1922 während des
russischen Bürgerkrieges in der Ukraine aktiv war. d.Ü.), von der
du nicht weißt was du zu erwarten hast, fing an, in den normalen
planmäßigen Strukturen allmählich Raum zu gewinnen. "Die
Feldkommandeure", die ohne Hinterland kämpften - diese
überflüssige Last wurde ihnen abgenommen - haben begonnen, sich in
Offiziere der Armee der DVR/LVR zu verwandeln.
Man
fing nach dem ersten Minsk und noch vor dem zweitem an, die
Wirtschaft in Gang zu bringen und ein gewöhnliches bürgerliches
Steuersystem aufzubauen. Ohne diese subtilen Veränderungen würden
die Republiken überhaupt nicht widerstehen können. Das Banditentum,
dass in Donezk Wagen und Wohnungen geklaut hatte, fing an,
abgeschafft zu werden. Man hat begonnen, das Finanzsystem aufzubauen
und die Wirtschaft der Republiken neu entstehen zu lassen. Im
Allgemeinen fing man an, die Strukturen, die ein normales Leben
gewährleisten (wenn auch und unter dem Beschuss) entstehen zu
lassen. Ohne diese unmerklichen, aber kritisch wichtigen
Veränderungen der Republiken hätten sie nicht widerstanden. Ohne
die Unterstützung der Bevölkerung könnten die «Wildgänse»,
selbst wenn sie zum Teil russische Patrioten waren, nicht standhalten
und die Bevölkerung stellte sie sehr schnell ein. Wer nur zu seinem
Vergnügen oder für eine abstruse Idee kämpfen wollte, auf jenem
Territorium, auf dem diese Bevölkerung wohnt und dem es dabei völlig
egal ist was da passiert, weil er da nicht wohnt, der wird nicht
lange auf Kosten dieser Bevölkerung dort wohnen können.
Zweitens
hat im Verlauf des sogenannten «Minsker Prozesses» Russland Kiew
gezwungen (sowohl mit der Knarre als auch mittels des politisch nicht
erstklassigen Kutschmas), sich zu Verhandlungen mit den
Aufständischen an einen Tisch zu setzen, hat sie damit de facto als
eine Seite der Verhandlungen anerkannt. In der zweiten Etappe, im
Verlauf von Minsk 2, sind hinter diesem Tisch Merkel und Hollande
erschienen. Moskau hat danach gestrebt, was schon zu der Zeit der
Entwicklung des Assoziierungsabkommens gefordert wurde – einen
direkten Dialog mit Europa zu den Problemen der Ukraine zu
ermöglichen. Jetzt, nach dem Erscheinen der Gruppe Karassin-Nuland,
ist auch ein Platz für den direkten Dialog mit den USA geschaffen
worden. Es geschah das, was Washington sich anderthalb Jahre lang
geweigert hatte anzuerkennen - die USA bekannten, dass sie einbezogen
sind in die ukrainische Krise (früher galt als die offizielle
Version der Kampf des ukrainischen Volkes mit dem korrumpierten
Regime). Jetzt haften Washington und Brüssel für die Entwicklung
der Situation in der Ukraine sowohl politisch, als auch juristisch.
Sich den Anschein zu geben, dass Russland den Kleinen kränkt und die
USA gingen als Größere einfach daran vorbei, ist jetzt verboten.
Poroschenko, der bisher direkte Verhandlungen mit Putin beanspruchte,
wechselt jetzt endgültig in den Vorraum zu Sachartschenko und
Plotnizki um darauf zu warten, was die gegenwärtigen Seiten des
Konfliktes entscheiden werden.
Drittens,
solange wie der Krieg dauert und die Verhandlungen in Minsk sich
fortsetzen, wächst in der Ukraine die Enttäuschung über die
eigenen Politiker, die das Dolce Vita versprachen und den Krieg
schenkten. Und weder Europa noch die USA haben geholfen, haben sie
nicht gerettet. Dieser Prozess geht sehr langsam und mühselig, aber
er geht. Ebenso wie auch der Prozess der Steigerung der inneren
Widersprüche innerhalb des Regimes weitergeht. Die Spinnen in der
Bank beginnen, einander aufzufressen. Unter anderem bedeutet das,
dass wenn die Ukraine vom Naziregime befreit sein wird, die
Abgrenzung von Russlands nur noch von marginale Gruppen der
Bevölkerung (überzeugte Nazis, die überzeugte liberale
Intelligenz, der Teil der Bürokratie, der die Arbeit mit dem
Verschwinden des Staates - zum Beispiel, die Mitarbeiter des
Außenministeriums oder SBU verliert, die Ideologen der
Neobanderowschtschina und die Schöpfer der neuen ukrainischen
"Geschichte") erhalten bleibt. Die Übrigen, die von der
erzwungenen europäischen Wahl enttäuscht wurden, werden sich zur
Seite Moskaus wenden - man muss ja irgendwie leben.
Im
Idealfall, im Falle der hundertprozentigen Realisierung, ließe der
Plan "der Friedensstifter" zu, alle ohne Opfer und ohne
Kampf zu bekommen, nur eben ein bisschen später. Die föderative
Ukraine mit ihrer neuen Verfassung und den breiten Rechten der
Regionen hätte nicht nur den Übergang der Krim zu Russland formell
anerkannt (in der neuen Verfassung der Krim versteht man sich schon
nicht mehr als ukrainisches Territorium), sondern auch auf dem
Evolutionsweg in die Zoll- und Wirtschaftsunion ruhig integriert
würde, was schon jetzt gar nicht mehr erwähnt wurde. Einfach weil
man keinen Platz hatte, wo man sie hätte hintun sollen. Es äußerten
weder die USA noch die EU, dass sie die Ukraine behalten wollen.
Werden
wir diesen Plan realisieren können? Nein. Kein idealer Plan wird
jemals in der Politik vollständig realisiert. Selbst wenn nur 50 %
realisiert werden ist das schon gut. Die USA waren im Begriff,
Russland in den Konflikt hineinzuziehen und, für sie ein Vietnam in
der Ukraine zu schaffen. Deshalb hat sich Kiew ganz und gar nicht
gesprächsbereit erwiesen und hat den Krieg im Donbass sogar früher
begonnen als es die volle Kontrolle über die Streitkräfte hatte. Im
Ergebnis dessen wurde Minsk der Platz für die Manöver Moskaus und
Washingtons um die Frage wer wem doch noch sein Vietnam in der
Ukraine schafft und wer in Augen der weltweiten Gesellschaft als
Aggressor sich erweisen wird. Bisher hat Russland die bessere
Manövrierfähigkeit bewiesen.
Jedoch
jedes x-beliebige Manöver geht irgendwann zu Ende. In den letzten
Wochen hat sich die einzigartige Situation entwickelt, dass die
Obama-Administration Interesse an der friedlichen Regelung der Krise
gezeigt hat. Es ist schon klar. Von der Ukraine muss man bis zum 2016
weggehen und dabei darf man das Gesicht nicht verlieren, sonst
brauchen die Demokraten bei der Wahl gar nicht erst anzutreten. Die
Republikaner werden sie dann für ihre «ungenügende
Entschlossenheit» brechen. Das Kiewer Regime ist, ungeachtet aller
Schreie der russischen Wach-Patrioten über die wachsende Kraft der
ukrainischen Armee, objektiv so schwächt, wie jedes beliebige
Regime geschwächt sein würde, das einen Bürgerkrieg in einem
zerstörten Land führt. Das Alte Europa, wenn es auch nicht unter
dem amerikanischen Regenschirm hervorgekommen ist, hat
nachgewiesenermaßen kein Vergnügen an Verlusten, die entstehen,
wenn es notwendigerweise die «atlantische Solidarität»
demonstrieren soll. Die EU will diese Seite umblättern.
Im
Allgemeinen scheint die Situation in der Ukraine und um sie herum
unter der vollen Kontrolle der USA zu stehen. Und Obama versucht
jetzt, auf eine Kompromissregelung zu gehen, um die Möglichkeit des
Spieles auf dem ukrainischen Platz für die Zukunft aufzusparen.
Wahrscheinlich kann es sein, dass die russische Führung ihm darin
entgegenkommt. Dennoch spielt der Kreml immer besser als das Weiße
Haus und die Frage des Einbaues der Ukraine in die russischen
Integrationsprojekte trägt heute schon so einen prinzipiellen
Charakter, wie noch vor ein Paar Jahren nicht. Man könnte eigentlich
ganz ruhig den natürlichen Lauf der Dinge abwarten, dennoch gibt es
keinen Platz, wo Kiew hingetan werden könnte - in der EU wird man
sie nicht nehmen, Geld werden sie ihr nicht geben und die Wirtschaft
ist schon zerstört. Es bleibt im Grunde nur übrig, sich vor
Russland zu demütigen. Sie wird sie ganz einfach retten, weil sie
eine 40-Millionen-Elend und Instabilität-Zone an ihren Grenzen echt
nicht nötig hat. Umso mehr, weil die sich nicht von den russischen
Bürgern unterscheidenden Bürger der Ukraine schnell beginnen
würden, diese Instabilität nach Russland zu übertragen.
Ich
bin absolut überzeugt, dass die Variante der friedlichen
Kompromissregelung, wenn sie auch für die USA vorteilhaft ist und
den langfristigen Interessen Russlands nicht widerspricht, trotzdem
nicht zustande kommen wird. In Washington sind "die Falken"
viel zu stark. Beide Parteien gehen auf die Wahlen unter der Losung
der Verschärfung der antirussischen Politik zu. Die Anerkennung,
sogar wenn es nur indirekt erfolgt, des Misserfolgs in der Ukraine
(und das Einverständnis der USA zu dem Kompromiss eben – gilt als
die Anerkennung des Misserfolgs) wird sehr viele glänzende Karrieren
in der CIA und im Statedepartament verderben. Die Kiewer Politiker
sind nicht in der Lage, die propagandistische Platte zu ersetzen, auf
den Krieg zu verzichten, sich mit dem Donbass zu vereinbaren. Damit
werden sie zu Feinden nicht nur für die Antifaschisten, sondern auch
für die pronazistischen Teile der ukrainischen Gesellschaft. Weil,
wofür starben und kämpften sie denn, wenn sie sich später doch zu
den Bedingungen vereinbaren, die ihnen von vornherein angeboten
wurde? Die ideologisierten, überzeugten Nazis aus den
Freiwilligenbataillonen, wie auch der motivierte Teil der Armee, für
den der Krieg Grundsatzfrage wurde, könnten den "Verrat"
niemals verzeihen. Es ist eine Sache wenn man kapitulieren muß weil
man müde vom Kampf ist und eine entmutigte Armee hat. Aber es ist
eine völlig andere Sache, wenn die Offiziere meinen, dass die
Politiker ihnen den Sieg "gestohlen" haben.
Dass
heißt, alle sind überzeugt davon, dass ungeachtet einiger Stille
infolge von Gesprächen, der große Krieg in der Ukraine und aller
Wahrscheinlichkeit noch davor die Provokation unvermeidlich sind, die
die Amerikaner schon als Initialzündung ausgearbeitet haben sollten.
Wenn
sie auch die Möglichkeit nicht haben werden, den idealen friedlichen
Plan zu realisieren, haben doch die "Friedensstifter" das
schöne Ergebnis erreicht, dass vom Gesichtspunkt der
Startbedingungen für die Militärkampagne nichtsdestoweniger
deutliche Verbesserungen erzielt wurden. Und Russland wurde für die
Mehrheit der Länder des Planeten kein "Aggressor". Die USA
und die EU haben die Einbeziehung in die ukrainische Krise offiziell
bestätigt. Die Situation in der Ukraine ist für den Westen ein Patt
und ohne Russland kann er sie nicht lösen, aber Russland kann sich
gerade auch Zeit lassen. Die internationale Autorität der russischen
Führung ist ungeachtet dessen, was die Wach-Patrioten erzählen,
wesentlich gewachsen. Sogar Ägypten hat sich entschieden, die Übung
der Flotte im Mittelmeer zusammen mit der Russischen Marine
durchzuführen. Ägypten, daß sich seit Mitte der 70iger Jahre
unter der vollen Kontrolle der USA befand. Das ist schon nicht
einfach nur eine Geste. Es ist die Glocke, die nach dem Einfluss
Washingtons im Nahen Osten ruft.
Und
wer fürchtet, dass wegen "der Verspätung" des Einmarschs
die Nazipropaganda in Kiew Millionen Zombies schaffen wird, die
später noch Generationen lang Russland hassen werden -- da will
ich nur daran erinnern, dass die Mehrheit der Leute, die jetzt gegen
die russischen Menschen im Donbass kämpfen, die sich als moderne
russophobe Bürger der Ukraine erwiesen, unter den Bedingungen der
kommunistischen Propaganda aufgewachsen sind und das ununterbrochene
74 Jahre lang. Allerdings wurden sie nicht darin unterrichtet womit
sie sich jetzt beschäftigen.
Invictus
maneo!
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