Da Henning Mankell auch in Deutschland sehr bekannt ist, halte ich es für richtig, den Nachruf von dem Sozialisten und Kulturschriftsteller Hans Isaksson aufzulegen, da er eine Seite von Henning betont, die von den liberalen Medien gern übersehen wird, nämlich, dass er Revolutionär war. Im Handeln, nicht im Reden (von denen gehen 13 aufs Dutzend, wie man in Schweden sagt). Nachdem ich sein erstes Buch 'Die weiße Löwin' gelesen hatte, rannte ich auf der Buchmesse los, um ihn übersetzen zu können. Aber ich war zu spät dran. Schade, andernfalls hätte ich ihn zu meiner Freude kennenlernen können, zumal wir eine große Gemeinsamkeit haben - die Liebe zu Afrika.
Hans Isaksson
8. Oktober 2015
Aus dem Schwedischen: Einar Schlereth
Wir zählten Henning Mankell als einen von uns und er ließ unsere Sache nie im Stich, auch wenn er nie ein Partei-Mensch gewesen ist. Er behielt die progressive und im Grund revolutionäre Haltung bei, die er seit den 1960-er Jahren hatte und die auf ungewöhnliche Weise seinen Lebenslauf prägte.
Als Dramaturg und Theaterchef, Drama-Verfasser von 20 Theaterstücken, als Schriftsteller (wenn wir richtig gerechnet haben) von 44 Romanen – für Kinder, Jugendliche und vor allem für Erwachsene. Als Teilnehmer bei der ersten Flottille 'Schiffe für Gaza'. Als Debatteur und Schriftsteller.
Erst als Verfasser der Wallander-Serie – die seither eine (unnötig) große Reihe von TV-Thrillern inspiriert hat – wurde er richtig bekannt und bewundert, auch weithin im Ausland.
Er war der schwedische Schriftsteller, der die Idee von Sjöwall-Wahllö wieder aufgriff – die an und für sich schon Bertolt Brecht hatte – dass Kriminalromane nicht geschrieben oder gelesen werden sollten nur wegen der äußeren Spannung, sondern dass das Verbrechen, der Täter und die Staatsmacht, die sie zu bekämpfen hatte, viel zu sagen haben über die Gesellschaft, in der wir leben.
Seine Haltung machte Schule. Die Millenium-Trilogie wäre kaum ohne die Inspiration durch Mankell zustandegekommen. Sein Foto steht heute ganz oben auf der ersten Seite der Zeit, eine Aufmerksamkeit, die nur wenigen Schweden zuteil wird.
Viele sind Mankell extra Dank schuldig, selbst nach seinem Ableben – er war ungewöhnlich auch in dieser Hinsicht, dass er erhebliche Summen von seinen Büchern und Filmen für gute Zwecke gab.
Er wurde ein bedeutender Mäzenat und stiftete große Summen für ein Kinderdorf in Afrika, für Theatertätigkeit in Maputo und für verschiedene kulturelle und politische Projekte in unserem Land.
Henning Mankell erfuhr vor anderthalb Jahren plötzlich, dass seine Nackenschmerzen nicht nur eine einfache Genicksperre waren. Er hatte Lungenkrebs von großer Ausdehnung, was auf jeden Fall sein Leben erheblich verkürzen würde.
Als eine im übrigen vitale und verständige Person kann und darf man nicht, selbst mit Hilf der modernen Medizin, einen noch genaueren Bescheid erwarten. Darüber schrieb er im selben Jahr das Buch 'Treibsand' ('Kvicksand' auf Schwedisch bei Leopard 2014 erschienen).
Mankell versuchte nicht, uns weiszumachen, dass er keine Angst vor dem Tod hat. Das hätte man ihm sowieso nicht geglaubt. Das einzig Vesöhnliche am Tod ist doch, dass der Gedanke an ein ewiges Leben, wenn man nachdenkt, noch schrecklicher ist.
Mankell war ein ungewöhnlich verständiger Intellektueller und Verfasser und scheint, nach der ersten lähmenden Einsicht, seine Gedanken an den Tod angewandt zu haben als Beweis, dass er noch lebt: Ich denke an den Tod – also lebe ich noch und kann nicht nur an etwas Sinnvolles denken, sondern es auch in Angriff nehmen.
Er war wie der alte Epikur ein echter Materialist: Wo der Tod ist, gibt es uns nicht und wo wir sind, gibt es nicht den Tod. Daher ist der Tod nichts für uns.
Er war schön zu lesen, wie ein Schriftsteller, mit dem man so lange bekannt gewesen ist, über eine Frage nachdenkt und versucht, mit ihr zurechtzukommen, die wir alle mit ihm gemeinsam haben.
Henning Mankell schaffte noch ein Buch ('Svenska Gummistövlar' 2015 – auf deutsch 'Schwedische Gummistiefel') bevor er still in der Nacht zum Montag (5. Oktober 2015) verschied.
Ihn vergessen wir nicht.
Quelle - källa - source
Ein schöner Nachruf auf einen bedeutenden Mitmenschen.
AntwortenLöschenDanke für`s Teilen ..
AntwortenLöschenTja, hätte er doch nur was von der BÖSE Kommunistin 屠呦呦 Tú Yōuyōu, Nobelpreisträgerin 2015 gehört und die von ihr 1971 wiederentdeckte Heilpflanze Artemisia Annua L. gegen Krebs und Malaria regelmäßig als Tee zu sich genommen.
AntwortenLöschenIrgendwie ein Drama, dass die Abendländer die wissenschaftlichen Erkenntnisse Kubas und Chinas nicht annehmen können, selbst wenn sie "Revolutionäre" sind. https://seidenmacher.wordpress.com/2015/10/16/20-jahre-spaeter-stehe-ich-immer-noch-vor-einem-raetsel/