Einar Schlereth
27. Oktober 2015
Der große afrikanische Wissenschaftler Cheikh Anta Diop aus Senegal und Kenyas großer Schriftsteller Ngugi Wa Thiong'o haben schon vor vielen Jahrzehnten die Afrikaner aufgefordert, ihre Kolonialsprachen aus dem Verkehr zu ziehen, die sie zu Recht als wichtiges Instrument der alten Kolonialherren zur Unterjochung der afrikanischen Völker ansahen. Nyerere, erster Präsident in Tansania, führte als erster die proto-Bantu-Sprache Kisuaheli in seinem Land als Unterrichtssprache in den Grundschulen ein, die inzwischen von 80 Millionen Menschen in Afrika gesprochen wird, weshalb nigerianische Autoren sie als Lingua Franca in Afrika eingeführt wissen wollten.
Prof. Jane Naana Opoku Agyemang |
Und nun will eine Frau, Ministerin für Erziehung in Ghana, Prof. Jane Naana Opoku Agyemang, Englisch beseitigen und Kinder in ihrer Muttersprache unterrichten. Ihre Ankündigung wurde mit lautem Jubel des Auditoriums begrüßt. Als Beispiel nannte sie Korea, wo die Entwicklung des Landes beschleunigt wurde durch die Einführung der Muttersprache.
Auch Tansania hat Anfang des Jahres angekündigt, fortan den Unterricht in höheren Schulen bis hinauf zur Universität in Kisuaheli durchzuführen. Der Autor des Artikels meint, dass Afrika sich wissenschaftlich und technologisch viel besser mit den eigenen Muttersprachen entwickelt hätte. Er nennt als Beispiel Schottland, das nach Erklärung seiner Unabhängigkeit die gälische Muttersprache wieder einführen wollte, wozu es leider nicht gekommen ist. „Wie kann man erwarten, dass man seinen Erfindergeist durch eine fremde Sprache entwickle?“ fragt er.
Er habe in ganz Afrika überall nur die Kolonialsprachen gefunden. In jedem Land werden die TV- und Radio-Nachrichten in europäischen Sprachen gesprochen. BBC hat z. B. in England keinen Kanal, in dem Nachrichten für die vielen Afrikaner im Land in ihrer Sprache gesendet werden. Da ist ja sogar Schweden weiter. Hier haben Minderheiten wie die Samen und Finnen eigene Sendezeiten und Nachrichten werden in mehreren Sprachen gesendet.
Zu Recht stellt er auch die Frage an seine Landsleute: „Wie kann man jemanden bitten, dich zu lieben, wenn du nicht dich selbst liebst? Jemanden bitten, dich zu respektieren, wenn man nicht sich selbst respektiert? Bevor wir von der BBC verlangen, für unsere Landsleute in England in ihren Sprachen Nachrichten zu senden … müssen wir in Afrika es als erste tun ...“
Er hält den Afrikanern den Spiegel vor. Schaut, obwohl viele afrikanische Länder im Commonwealth sind, könnt ihr nicht einfach nach London zu Besuch fahren. Erinnert euch, dass London oder Paris mit dem Schweiß eurer Väter gebaut wurde. Denkt daran, wie viele, viele Afrikaner ihr Leben verloren, als sie den Engländern und Franzosen im Kampf gegen Deutschland halfen – in beiden Weltkriegen. Die Afrikaner müssten das Recht haben zu leben, wo immer sie wollen.
Stattdessen öffnen die Europäer die Türen für die Polen, die Ukrainer, die Roma, da sie dieselbe Hautfarbe haben, aber für die Afrikaner werden die Türen geschlossen. Natürlich hat er Recht. Aber es waren nicht nur die Afrikaner, die geplündert wurden, sondern Europa wurde auch mit dem Gold der Indios, mit dem Silber der Chinesen, mit den Diamanten Indiens und der Arbeitskraft von Millionen und aber Millionen Menschen der ganzen Welt aufgebaut, während es seine eigenen Söhne und Töchter hinaus in die Welt schickte, um sie zu kolonisieren und zu „zivilisieren“.
Es ist grotesk. Die europäischen Barbaren zivilisierten die Welt. Heute können wir uns anschauen, was wir „geschaffen“ haben: Tod und Verderben, Elend ohne Ende, gigantische Landstriche der Welt zerstört, die Weltmeere verseucht, Millionen Arten von Flora und Fauna für immer ausgelöscht, die Luft verpestet. Großartig. Und es geht noch immer weiter. Ja, wir können stolz sein.
Aber die Initiative von Frau Prof. Agyemang ist auf jeden Fall zu begrüßen als ein erster Schritt in die wahre Unabhängigkeit.
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